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Flughafen Frankfurt: Auf der Suche nach der Magie von früher

Nach weit über 40 Jahren besuchen unser Autor und sein Vater noch einmal die Aussichtsterrasse des Frankfurter Flughafens.

24.08.2024

Der Autor auf der Suche nach der Magie von früher. Der Zaun ist dabei nicht unbedingt hilfreich. © Meiko Haselhorst

Ein Airbus A380 – nicht schlecht. Emirates, ist ja klar. Und da: tatsächlich noch ein Passagier-Jumbo der Lufthansa. Schon fast eine Rarität. Und sonst? „Ganz schön heiß hier“, sagt mein Vater und setzt sich erst mal auf eine Bank, während vor ihm jede Menge Flugzeuge landen, rollen und starten. „Wir können gleich auch wieder reingehen“, sage ich und lege ihm die Hand auf die Schulter. „Da drin ist es kühler.“

Den Plan gibt es schon seit mindestens fünf Jahren: Noch einmal zusammen zum Frankfurter Flughafen fahren und Flugzeuge gucken. Einfach so. Und danach weiter zur Verwandtschaft nach Pirmasens. So, wie wir’s Anfang der 80er in schöner Regelmäßigkeit gemacht haben. Aber ich will ganz ehrlich sein: Es war vor allem immer MEIN Plan, die Sache noch mal neu aufzulegen. Weil es so eine schöne Kindheitserinnerung ist. Auch mein Vater erinnert sich daran, aber nicht annähernd so wehmütig wie ich. Es hat dann auch ein Weilchen gedauert, bis ich ihn dazu überreden konnte. Aber jetzt soll es tatsächlich soweit sein: Wir fahren noch mal nach Frankfurt.

Pünktlich um 7 Uhr morgens stehe ich vor meinem Elternhaus – Frankfurt ist weit. Mein Vater öffnet die Haustür, meine Mutter steht mit zwei Kühltaschen dahinter: Belegte Brötchen, gekochte Eier, Nudelsalat in Tupperdosen und für jeden ein Apfel – so wie früher. Und zwei Thermoskannen mit Kaffee. „Oder möchtest du lieber eine Capri-Sonne? So wie früher?“, fragt meine Mutter mit einem Augenzwinkern. Ein paar Minuten später sitzen wir im Auto. Damals saß ich mit meinen acht oder neun Jahren auf dem Beifahrersitz. Heute sitzt da mein Vater. Drei Stunden am Steuer – das ist nix mehr für ihn.

Vater und Sohn haben die Plätze getauscht

Früher lief im Auto eine Kassette mit „Hot Chocolate“ und den „Bee Gees“, heute hören wir WDR 4. „Da spielen sie die ganzen alten Sachen von früher“, sage ich zu meinem Vater. „Ich weiß, ich weiß“, sagt er und lächelt milde. „Früher saß ich da, wo du jetzt sitzt. Und ich hab‘ in meinem Condor-Bordmagazin vom letzten Urlaub geblättert“, plappere ich vor mich hin. „Und ich hab‘ mich gefragt, welche Flugzeuge wir wohl diesmal sehen würden. Und schon kurz hinter Kassel hab‘ ich angefangen, den Himmel nach Jets im Landeanflug abzusuchen…“ Mein Vater nickt: „Das mache ICH dann schon. Guck du jetzt lieber auf die Straße“, sagt er und zeigt mit dem Finger durch die Windschutzscheibe.

„Kannst du beim nächsten Rastplatz mal raus?“, fragt er ein paar Minuten später. „Ich muss mal. Diese blöden Wassertabletten…“ Ich fahre raus. „Früher war ICH immer derjenige, der mal musste“, geht es mir durch den Kopf. Aber ich sage nichts.

Etwas später steigen wir im Parkhaus am Flughafen aus. „Früher hat es hier schon nach Kerosin geduftet – da waren die Flugzeuge noch nicht so sauber“, sage ich. „Und sie haben mehr Krach gemacht“, ergänzt mein Vater mit Blick auf die Boeing 787, die fast lautlos über unseren Köpfen einschwebt.

Auch der Vater des Autoren ist dabei – und muss sich ob der großen Hitze erst mal hinsetzen. © Meiko Haselhorst

Die neue Aussichtsterrasse befindet sich am Terminal 2, geparkt haben wir an Terminal 1. „Lass uns mal den Shuttle nehmen, so weit kann ich nicht mehr laufen“, sagt mein Vater. Ein paar Minuten später sind wir mitten im Gewusel von Terminal 2. Wo bitte geht’s zur Aussichtsterrasse? „Die zwei Rolltreppen hoch und dann rechts“, sagt eine freundliche Frau am Info-Point und schaut und zeigt in die entsprechende Richtung. Ach ja, da steht’s ja schon: Aussichtsterrasse. Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Der Eingang zur Terrasse (oder Ausgang, wie man’s nimmt) führt ein wenig versteckt durch ein ziemlich hippes Café, die Tür sieht ein bisschen nach Hintereingang aus.

Dann stehen wir auf einem ziemlich schmalen Streifen mit einigen Sitzbänken und Zierpflanzen. „Das hat auf der Website alles etwas größer und mondäner ausgesehen“, sage ich. „Wahrscheinlich hat der Fotograf einen Weitwinkel benutzt.“ Die meisten Besucher stehen an diesem Tag im Schatten der Sonnenschirme und schauen von dort aufs Rollfeld – es ist wirklich sehr heiß hier oben. „Früher hättest du dir jetzt am Kiosk erst mal eine Cola gekauft – und eine Zigarette geraucht“, sage ich zu meinem Vater. Heute gibt’s keinen Kiosk mehr auf der Terrasse – und mein Vater ist längst Nichtraucher. Und Cola darf er auch nicht mehr trinken.

„Früher gab es hier Ansagen über Lautsprecher.“ Diesmal ist es mein Vater, der das sagt. „Da erfuhr man, woher die Flieger kamen und wohin die Reise ging. Die Mühe machen sie sich heute nicht mehr.“ Ich greife mit meinen Händen in die Maschen des Zauns, der die Terrasse und das Geschehen zu unseren Füßen voneinander trennt (das gab’s früher auch nicht) und schaue mir das bunte Treiben dort unten an. „Ist immer noch ganz schön was los hier“, sage ich. „Wahrscheinlich sogar noch ein bisschen mehr als früher“, sagt mein Vater.

Und trotzdem: Ich vermisse die ganzen Flieger von damals. Keine DC-9 mehr, keine 707 und keine 727 – von DC-8 oder Caravelle ganz zu schweigen. Und natürlich auch keine Ostblock-Flugzeuge mit Glasnase mehr. „Naja, das wussten wir ja vorher“, sage ich. „Tja“, sagt mein Vater und zuckt mit den Schultern. Nach einer guten halben Stunde haben wir genug gesehen. „Es ist wirklich viel zu heiß hier – lass uns reingehen“, sagt mein Vater, der sich ohnehin schon seit einer Viertelstunde mehr für die Leute auf der Terrasse als für die Flugzeuge interessiert. „Diese Magie von früher ist irgendwie nicht mehr so richtig da“, sage ich und zucke mit den Schultern.

Die Magie ist noch da – aber nicht bei jedem

„Guck mal, der da! Wie riesig der ist!“, sagt ein kleiner Junge neben mir zu seinem Vater und zeigt aufgeregt auf die A380. „Und die da hinten, die sind ja angemalt wie Zebras“, freut er sich nur Sekunden später, als er eine ganze Reihe Condor-Flieger im Streifenlook entdeckt. „Die Magie ist wohl doch noch da – jedenfalls für manche“, raune ich meinem Vater zu. „Ich fürchte nur, ich bin kein Kind mehr.“ Mein Vater grinst und nickt. „Trotzdem schön, dass wir’s noch mal gemacht haben“, sagt er, als wir die Rolltreppe hinunterfahren. Und jetzt: auf nach Pirmasens. Tante Marlies wird staunen, dass wir so pünktlich sind….

Meiko Haselhorst

 

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Über Meiko Haselhorst

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Meiko Haselhorst wollte als Kind immer Pilot werden. Doch es kam anders: Er wurde Tischler, später Redakteur einer Tageszeitung – und arbeitet heute als freiberuflicher Journalist. Seine immer noch vorhandene Leidenschaft für Flugzege und fürs Fliegen lebt der zweifache Vater zuweilen auf Reisen und an der Tastatur aus.

2 Kommentare

  • Stefan

    Es ist tatsächlich nicht mehr so, wie etwa noch vor 20 Jahren als der letzte Rest der damals wunderbaren Terrasse auf dem Terminal 1 geschlossen wurde. Jenes auf dem T2 ist auch nicht mehr das, was es einmal war seit dem Umbau vor einigen Jahren als im Zuge dessen die Brüstung ersetzt worden war. Ich verstehe schon, dass es seine Richtigkeit und nachvollziehbare Gründe hat, aber das Flair von der Terrasse auf dem Terminal 1 wird es nicht mehr geben. Schade, dass bei Letzterem wohl auch Profit vor allem anderen stand. Immerhin war die T1 Terrasse zu einem Zeitpunkt beliebter als Neuschwanstein bei den Ausflugszielen und darauf war die Flughafen Frankfurt AG besonders stolz und hat es in jeder Publikation geteilt.

    Ich freue mich aber trotzdem, dass Sie und Ihr Vater alte Erinnerungen wieder beleben konnten. Das ist wichtig.

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