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Going home – 40 Jahre Ju 52 D-AQUI zurück in Deutschland

Going home, … nach Hause! – Dies sind die Worte, die die Ju 52 D-AQUI der Deutschen Lufthansa 1984 während der dreiwöchigen Überführung aus USA nach Hamburg in ein weiteres Leben begleiteten. Am 28. Dezember 1984 landete die „Tante Ju“, wie sie im Volksmund genannt wird, auf dem Heimatflughafen der Lufthansa-Technik.

27.12.2024

Vor 40 Jahren, am 28. Dezember 1984, landete die Ju 52, die später als D-AQUI für Aufsehen sorgte, auf dem Flughafen Hamburg. © Lufthansa

Ein Flugzeug mit einer bewegenden Geschichte, das auch in den vergangenen 40 Jahren bei allen Beteiligten und Luftfahrtliebhabern Emotionen freisetzte, ein Flugzeug mit Seele, wie viele Menschen empfanden. Emotionen, die bis heute nicht nachgelassen haben.

Ju 52 D-AQUI der Lufthansa

In Dessau bei den Junkers-Werken gebaut und am 6. April 1936 an die Lufthansa ausgeliefert, wurde das dreimotorige Flugzeug zunächst auf europäischen Strecken eingesetzt. Schon wenige Monate nach Indienststellung wurde sie der norwegischen D.N.L zur Überbrückung eines Flottenengpasses der Norweger überlassen und als LN-DAH mit Schwimmern ausgerüstet.

Nach der Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen wurde sie durch diese beschlagnahmt und der Lufthansa wieder als D-AQUI zur Verfügung gestellt, wobei sie aber im skandinavischen Einsatzgebiet verblieb.

Die Geschichte der D-AQUI verlief weiter wechselhaft. So kam sie nach Kriegsende zunächst in die Obhut der norwegischen Luftstreitkräfte, was aber nicht lange währte. Nach aufwändigen Überholungsarbeiten mit Einfügen von größeren Bauteilen aus anderen Ju 52 kam sie wieder in den Dienst der D.N.L. (später umbenannt in SAS) unter dem Kennzeichen LN-KAF. Nach acht Einsatzjahren wurde sie 1956 aus dem Verkehr genommen und sollte museal erhalten bleiben, was letztendlich aber im Norsk Teknisk Museum wegen Platzmangels nicht möglich war.

Ein ehemaliger Lufthansa-Kapitän, Christof Drexel, erwarb sie und fügte sie seiner Airline in Ecuador hinzu, wo sie weitere fünf Jahre als HC-ABS in Dienst stand, bis sie am Rande des Flughafens Quito für acht Jahre in einem traurigen Dornröschenschlaf verschwand.

Dort wurde sie von Lester Weaver, einem amerikanischen Piloten und Flugzeugfan, entdeckt, wieder flott gemacht, und ein neues Leben begann auf nordamerikanischem Boden. Mit dem Kennzeichen N130LW erfuhr diese Ju 52 noch weitere Besitzerwechsel, s zu Cannon Aircraft/Flugzeughandel und zu Martin Caidin, einem amerikanischen Schriftsteller und Flieger, der dem Flugzeug eine Generalüberholung verpasste und mit der Ju 52 als „Iron Annie“ auf zahlreichen Luftfahrtevents auftrat.

Ein neues Leben unter dem Dach der Lufthansa

Reinhard Abraham, dem damaligen Leiter der Lufthansa Technik ist es zu verdanken, dass die Idee geboren wurde, die Geschichte der Lufthansa auch wieder greifbar zu machen. Was eignet sich dafür besser als das Flugzeugmuster, das der Lufthansa den Weg in die Weltluftfahrt geebnet hat? So gelang es Lufthansa die „Iron Annie“ von Martin Caidin für 200.000 US-Dollar zu erwerben, der diese Ju 52 – mit dem damaligen Kennzeichen N5200 – in einer spektakulären Überführung im Dezember 1984 nach Hamburg fliegen ließ. In einer dreiwöchigen, abenteuerlich anmutenden Flugreise über mehrere Etappen über Savannah, Pittsburgh, Bangor, Sept Iles, Goose Bay, Narsarsuaq Reykjavik, Prestwick und Liverpool, bei widrigen Wetterverhältnissen von Florida nach Deutschland, geprägt von einer logistischen Meisterleistung, traf die „Iron Annie“ am 28. Dezember 1984 bei verhangenem Himmel auf dem Hamburger Flughafen in der Lufthansa Werft ein. Großer Jubel empfing die dreiköpfige Crew unter Führung des Piloten Clark Woodard. Ein Erlebnis und Emotionen, die noch heute die damals Anwesenden nicht vergessen haben.

In den darauffolgenden 18 Monaten unterlief die „Iron Annie“ eine aufwändige Restaurierung und den Wandel zu ihrem ursprünglichen Aussehen. Mit einem fliegerischen Denkmal der Vergangenheit den Weg in die Zukunft der Luftfahrt begleiten, das faszinierte viele Fans der „Tante Ju“.

Lufthansa gründete dazu die Lufthansa Berlin Stiftung (DLBS), in die die D-AQUI integriert wurde. Dieses Kennzeichen durfte die „Tante Ju“ mit Genehmigung des Luftfahrt-Bundesamtes weiterhin als ein historisches Kennzeichen tragen. Aufgrund der geänderten Gewichtsklassen war das offizielle Zulassungskennzeichen aber D-CDLH, was etwas kleiner am Heck unter dem Höhenleitwerk geführt wurde. Es darf nicht vergessen werden, dass eine Restaurierung eines Verkehrsflugzeuges strengen Auflagen unterliegt und das Luftfahrt-Bundesamt maßgeblich mit guter Zusammenarbeit zum Gelingen des Projekts beigetragen hatte.

So wie die Lufthansa Technik das Flugzeug intensiv auf ein neues Leben vorbereitete, so mussten parallel auch Besatzungen ausgebildet und trainiert werden. Unter der Leitung des 1. Flugbetriebsleiters der DLBS, Heinz Dieter Bonsmann, wurde auch die Lizensierung der Besatzungen unter Beteiligung britischer und südafrikanischer Ju 52-Kollegen in professioneller Vorbereitung bewältigt.

Am 06. April 1986, an ihrem 50. Geburtstag, hob die D-AQUI unter den Blicken hunderter Neugieriger, und vor allem ihrer Techniker, wieder zu einem „neuen Erstflug“ erfolgreich ab. Zunächst für Repräsentationszwecke als fliegendes Museum geplant, war das Echo der Luftfahrtbegeisterten derart groß, dass eine zunächst nicht erwartete Erfolgsgeschichte ihren Lauf nahm.

Die Ju 52 der Lufthansa stahl allen anderen Flugzeugen bei der EAA-Convention 1990 in Oshkosh die Schau. © V. K. Thomalla

Die „Tante Ju“ wurde in ihrem Einsatz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und es folgten 32 Jahre unfallfreier Einsatz mit Passagierflügen! Mehr als 256.000 Fluggäste in der 16 Sitze fassenden Kabine erlebten eine Zeitreise. Teils bis zu 10.000 Gäste, mehr als 600 Flüge und über 450 Flugstunden pro Jahr waren eine beachtliche Leistung! Dieses weitere Leben der D-AQUI wurde dank hervorragender Techniker in Restaurierung und Wartung sowie der hohen Qualität der Besatzungen zu einer Erfolgsstory der Lufthansa, die aber ohne die flexiblen Vorbereitungen in den Büros nicht möglich gewesen wäre. Der Betrieb der Ju 52 D-AQUI wurde zu einem Symbol der Lufthansa-Qualität, die nicht nur den Fluggästen bewusst ist. Qualität, die sich auch widerspiegelt in der fortlaufenden Beobachtung und weiteren Teilüberholungen wie zum Beispiel eine Modernisierung der Elektrik und Motorüberwachung in 2014 und einer weltweit einzigartigen Tragflächenüberholung in den Jahren 2015/16. Ein Flugbetrieb, der von den Besatzungen, die sonst als Lufthansa-Linien-Crews unterwegs sind, genauso professionell, aber ehrenamtlich, unfallfrei 32 Jahre absolviert wurde.

11.500 Flugstunden in 32 Jahren

In dieser Zeitspanne wurden seit 1986 in Europa und den USA zirka 11.500 Flugstunden geleistet und mehr als 354 Flugplätze angeflogen. Die USA-Tour in 1990/91 war eines der logistisch aufwändigsten Flugereignisse und verbunden mit einem Riesenerfolg des beteiligten Teams. Dafür wurde die D-AQUI in Großteilen demontiert und per Flugzeug und zurück per Schiff transportiert. Geschichten, die erhalten bleiben sollten.

Die „Grande Dame der Luftfahrt“, wie sie inzwischen auch genannt wurde, stellte sich auf vielen internationalen Luftfahrtereignissen im In- und Ausland vor. Zum Beispiel. wurde die Vorführung eines Airbus A380 im Flug auf den Hamburger Airport Days von Zuschauerrufen unterbrochen … „Da kommt die Ju“, … und alle wandten sich ihr zu! Mehr muss man nicht sagen bezüglich der Anziehungskraft dieses Flugzeuges.

Während einer USA-Rundreise flog die D-AQUI über Seattle in Formation mit einer 737 der Lufthansa. © Lufthansa

Ob es Menschen waren, die zu früheren Zeiten schon mit der Ju 52 geflogen waren und sich einen Flug mit der D-AQUI vom Munde abgespart haben, solche, die den Flug als Geschenk bekamen, Prominente, die es sich nicht nehmen ließen einmal eine Zeitreise mit der restaurierten LH-Ju zu unternehmen, Kinder, die fasziniert Fliegen am Pulsschlag der Luftfahrt kennenlernen durften, alle erlebten diese Flüge mit einem hohen Emotionsgrad, der den Besatzungen und Technikern ein Lohn war.

Anlässlich der 50-jährigen Zusammenarbeit von Lufthansa mit Boeing war der Boeing-Vorstand in Hamburg zu Gast und ließ es sich nicht nehmen mit der „Tante Ju“ einen Rundflug über Hamburg zu unternehmen und dabei schmunzelnd auch dem Konkurrenten Airbus in Finkenwerder von oben auf den Hof zu schauen.

Der drahtige 91-Jährige, der sich freute mit der „Tante Ju“ seine erste Landung zu erleben! Aber sein 93. Flug auf einer Ju 52, … er war vor 1945 als Fallschirmjäger eingesetzt und wollte in seinem Leben mit einem zivilen Flug mittels dieser Landung sein Leben „rund“ machen, wie er der Besatzung erzählte.

Die erste Landung der Lufthansa Ju 52 in Berlin Tempelhof nach Öffnung der Grenzen, die erste Landung an ihrem Geburtsort Dessau. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Junkers-Werke äußerte in der überwältigten Menge gegenüber der Besatzung der D-AQUI: „Danke, sie haben uns unsere Ehre wiedergegeben!“

Anlässlich des 75. Geburtstag der D-AQUI und der Übergabe eines neuen Airbus A380 an Lufthansa gab es einen filmisch bewahrten fliegerischen Reigen dieser beiden Jumbos ihrer Zeit über dem Hamburger Hafenfest, unvergessliche Bilder! Im August 2015 in Hamburg bei den Airport Days die Verleihung des Titels als weltweit erstes „Fliegendes Denkmal“.

So gibt es unendlich viele kleine wie große, bewegende und motivierende Erlebnisse im Betrieb der D-AQUI, die mehrere Bücher füllen würden, aber es auch wert sind, in Zukunft mit der D-AQUI den Menschen wieder in Erinnerung gerufen zu werden. Immer wieder musste das Team um den Erhalt der Ju 52 kämpfen, bürokratische, organisatorische wie auch technische Herausforderungen bewältigen. Mühen, die sich gelohnt haben.

Quo vadis D-AQUI?

Lufthansa bewies mit der Übernahme der Ju 52 in ihre Flotte nicht nur die Wichtigkeit dieses fliegenden Urgesteins der Passagierluftfahrt, sondern bewirkte einen positiven Emotionsstoß zugunsten des Unternehmens, der sich bis heute in der Bevölkerung hält. Mögen Betriebswirtschaftler den Sinn des Betriebes der „Tante Ju“ nicht unbedingt in Zahlen fassen können, so ist sie doch ein unschätzbarer Werbeträger für die Lufthansa geworden. Sie hat der Lufthansa mehr gegeben, als sie gekostet hat.

Die Einstellung des Flugbetriebes der Ju 52 in der DLBS im Jahr 2019 wird bis heute bei vielen Luftfahrtenthusiasten als schmerzhaft empfunden und stößt auf Unverständnis. Ja, ein „Fliegendes Denkmal“ wie die D-AQUI möchte man lieber in der Luft sehen.

Aber es sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, dass der Betrieb von Oldtimer-Flugzeugen im Passagierverkehr den strengen Auflagen der Luftfahrtbehörden unterliegt und immer aufwändigere organisatorische Maßnahmen erfordert. Viele Oldtimer-Projekte in Europa werden aufgrund dieser Anforderungen mehr und mehr aus dem Verkehr gezogen.

Die Pflege eines solchen Flugzeuges ist darstellbar, wird aber immer anspruchsvoller mit wachsendem Alter, will man die Sicherheit weiter gewährleisten. Sicherheit ist immer das oberste Gebot beim Betrieb der D-AQUI gewesen!

Es kam der Unfall der Schweizer Ju 52 der Ju-Air in 2018 hinzu, der laut Unfallbericht aber nicht technisch bedingt war. Dass ein LH-Vorstand angesichts dessen selber stolz auf einen 32-jährigen unfallfreien Betrieb der eigenen Ju 52 blicken kann und beschließt dieses positive Bild zu erhalten, sollte auch mit Verständnis wahrgenommen werden.

Das neue Besucher- und Tagungszentrum der Lufthansa soll die Ju 52 und die Lockheed L-1649A aufnehmen. © Lufthansa

Nach diversen Unterbringungen ab 2019 an verschiedenen Orten wie Hamburg, Bremen, Paderborn und damit verbundenen Transporten in der „Flughöhe Null“, steht die Lufthansa weiter zur Geschichte ihrer D-AQUI und beabsichtigt, sie im Laufe des Jahres 2026, dem 100-jährigen Geburtstag der „Luft Hansa“ (wie sie zunächst hieß), in einer Dauerausstellung im neuen Conference and Visitor Center der Lufthansa Group in Frankfurt der Öffentlichkeit zugängig zu machen. Sie soll dann stellvertretend für die erste Ära der Lufthansa neben ihrer großen Schwester, der Lockheed Super Star Constellation, – diese als Stellvertreterin für die Geschichte der Lufthansa ab 1955 – ihren Platz einnehmen

Gewiss wird es Airlines geben, die mit einem gewissen Neidfaktor darauf blicken. Die „Tante Ju“ wird auf diese Weise weiterhin ein Eye-Catcher für die Lufthansa sein, wie sie ihn die letzten 40 Jahre mit ihrem Team gelebt hat. Heute, am 28. Dezember 2024, jährt sich zum 40. Male der Beginn der Erfolgsgeschichte der Lufthansa Ju 52 D-AQUI!

Jan Frieben

 

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A propos de Jan Frieben

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Jan Frieben kann auf eine lange Karriere in der Luftfahrt zurückblicken. Er hat als Dispatcher beim JaBoG 31 seinen Dienst geleistet, war am Medizinischen Institut der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt tätig, hat Flugzeugbau studiert und flog von 1980 bis 2004 bei der Lufthansa als Flugingenieur die Boeing 727, die Douglas DC-8 und die Boeing 747-200. Er war seit 2008 im Projektteam der Lockheed L-1649 Super Star und hat bislang rund 11.000 Flugstunden gesammelt. Er war nebenbei auch immer journalistisch tätig.

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