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Musée de l’air: Der Louvre unter den Luftfahrtmuseen

Das Musée de l’air et de l’espace in Paris besticht nicht nur dadurch, dass es zu den ältesten Luftfahrtmuseen der Welt gehört, sondern vor allem auch durch seine umfangreichen Sammlungen an aviatischen Kostbarkeiten, wie sie kaum ein anderes Museum weltweit aufweisen kann.

20.12.2025

In der Prototypen-Halle des Museums in Le Bourget steht eine faszinierende Sammlung von unterschiedlichen Flugzeugkonzepten aus den fünfziger und sechziger Jahren. © V. K. Thomalla

Das Musée de l’air et de l’espace am Flughafen Le Bourget im Norden der französischen Hauptstadt braucht keinen Vergleich mit anderen Luftfahrtmuseen weltweit zu scheuen. Die Anzahl an einzigartigen und originalen Exponaten macht das bereits 1919 ins Leben gerufene Museum zu einer Institution, die man mehr als einmal besuchen muss – und bei jedem Besuch etwas Neues entdeckt.

Musée de l’air et de l’espace in Le Bourget

Allein der Ort, an dem das Musée de l’air et de l’espace beheimatet ist, atmet Geschichte. Auf dem früheren Pariser Hauptflughafen, der später durch den Flughafen Paris-Orly ergänzt und durch den weiter nördlich gelegenen Flughafen Charles-de-Gaulle in seiner Rolle abgelöst wurde, wurde Luftfahrtgeschichte geschrieben. Hier landete am 21. Mai 1927 Charles Lindbergh nach seinem Flug mit der „Spirit of St. Louis“ von New York nach Paris, der als erster Nonstop-Transatlantikflug von West nach Ost in die Geschichte einging.

In Le Bourget findet alle zwei Jahre die Paris Air Show statt, die weltweit größte Messe für Luft- und Raumfahrt, auf der viele Innovationen und neue Flugzeuge erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Der Airport wird heute nur noch für die Geschäftsluftfahrt genutzt, deshalb sind auch entsprechend viele Business-Aviation-Betriebe wie FBOs, Werften, Catering-Firmen und andere dort angesiedelt. Das Museum befindet sich im Südosten des Flughafengeländes.

Neben mehreren Hallen gehört auch eine große Fläche des Vorfelds zum Museumsgelände, um Großexponate wie Airbus A380, Boeing 747, C-160 Transall, Sud Aviation Caravelle, Canadair CL-215, eine Ariane-5-Rakete und viele andere Flugzeuge zu präsentieren.

Dieser A380-Prototyp in der Außenausstellung des Musée de l’air et de l’espace ist neben den Boeing 747 und der Ariane-Rakete das größte Exponat des Museums. © V. K. Thomalla

Das Museum ist in verschiedene Hallen aufgeteilt, die jeweils ein Fachgebiet oder eine Epoche zusammenfassen. Einige Hallen versprühen noch den Charme längst vergangener Zeiten und bedürfen bald einer Renovierung, andere sind gerade erst restauriert worden und sind auch museumspädagogisch auf dem neuesten Stand.

Die Hallenthemen lauten:

  • die Luftfahrtpioniere
  • die Halle des Großen Krieges (Erster Weltkrieg)
  • die Flugsicherungs- und Navigationshalle
  • die Halle der Zwischenkriegszeit
  • die Hubschrauberhalle
  • die Halle der Kokarde (französische Luftstreitkräfte)
  • die Halle der Prototpyen
  • die Raumfahrt-Halle
  • die Concorde-Halle
  • die Halle des Zweiten Weltkriegs
  • die Halle Normandie-Niemen sowie
  • das Außengelände.

Bei den frühen Pionieren schlagen die Ausstellungsmacher den Bogen von den Heißluftballons der Gebrüder Montgolfier über Otto Lilienthal, Clément Ader und andere, die mit mehr oder weniger Erfolg versuchten, die Menschen in die Luft zu bekommen, bis hin zu den erfolgreichen Motorflugzeugen von Farman, Blériot, Santos-Dumont und anderen. Viele der ausgestellten Exponate sind Originale, andere sind perfekte Nachbauten. Die Tafeln sind häufig mehrsprachig beschriftet. Eine Galerie in den Halle der Luftfahrtpioniere und der Halle des Ersten Weltkriegs erlaubt, die Exponate auch aus anderen Perspektive zu betrachten.

Interessante Objekte neben den Fluggeräten

Neben den Flugzeugen selbst sind auch weitere Ausstellungsstücke zu sehen wie beispielsweise ein Pferdeanhänger, auf dem eine Einrichtung zur Erzeugung von Wasserstoff befestigt ist, um Gasballons zu befüllen. Eine Motorensammlung zeigt die rasante Entwicklung der Antriebstechnik in den ersten Jahren bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. In jeder Abteilung sind Exponate, die im Luftfahrtsektor aufgrund ihrer Einzigartigkeit mit der Mona Lisa zu vergleichen sind. In der Halle „Grande Guerre“ steht beispielsweise das einzige erhaltene Exemplar einer Junkers D.1 (J9), des ersten Ganzmetall-Jagdflugzeugs der Welt. Eine Fokker D.VII hängt von der Decke, eines von nur weltweit sieben erhaltenen Exemplaren.

Chronologisch geht es weiter mit den Hallen zwischen den Kriegen, wo vor allem die Jagd nach Rekorden und der aufkommenden Luftpostverkehr sowie der beginnenden Passagierluftverkehr die Entwicklung prägten. Hier steht auch eine Junkers F.13, die von den Konstrukteuren der heutigen Junkers Aircraft per Laserscan erfasst wurde und als konstruktive Grundlage für die heute fliegenden drei Junkers F.13-Nachbauten diente.

Die Hubschrauber-Halle des Musée de l’air et de l’espace in Le Bourget ist so eng mit Exponaten bestückt wie keine andere Halle des Museums. © V. K. Thomalla

Es folgt die Hubschrauberhalle, die sehr dicht gepackt ist mit Exponaten. Die Masse der Ausstellungsstücke in dieser relativ kleinen Halle erschlägt einen fast. Unter anderem sind dort bekannte Hubschrauber wie die Sud Aviation Alouette III, eine Sikorsky H-34 und ein Djinn zu sehen, aber eben auch der Prototyp eines Koaxial-Hubschraubers Breguet G111, der aber nie in Serie ging, weil die Firma während der Erprobung des Fluggeräts Konkurs anmelden musste.

In der Halle der französischen Streitkräfte sind alle wichtigen Kampf- und Schulflugzeuge der französischen Streitkräfte der vergangenen 60,70 Jahre versammelt: M.D. 450 Ouragan, Dassault Mystère IV, Mirage 2000, eine Mirage F.1 als Schnittmodell aus Plexiglas, welches einen einmaligen Einblick in die Technik des Fighters ermöglicht, Republich F-84F Thunderstreck, North American F-100 Super Sabre, Lockheed F-104 Starfighter und SEPECAT Jaguar.

Die Prototypenhalle ist voll von Unikaten

Einer der Höhepunkte des Besuchs des Musée de l’air et de l’espace ist zweifelsohne die Prototypen-Halle. In den fünfziger und sechziger Jahre herrschte eine unglaubliche Dynamik in der Entwicklung der Luftfahrt. Alle Jahre kamen neue Entwürfe heraus, wurden Prototypen gebaut und weiterentwickelt. Die Halle ist ein beeindruckendes Zeugnis dieser Aktivitäten – und des Muts der Männer und Frauen, die diese unkonventionellen Prototypen auch bewegten. Zu den ausgestellten Prototypen gehört die SO.6000 Triton, der erste französische Jet, die Leduc 010 und 022, unkonventionelle, auf Geschwindigkeit ausgelegte Forschungsflugzeuge, Atar volant, ein senkrecht startendes Gestell, das wahrscheinlich auch heute noch Testpiloten Respekt abverlangt sowie verschiedene Mirage-Prototypen.

Der Deltaflügler Payen Pa 49 Katy wurde zwischen 1954 und 1958 erprobt. Das Flugzeug ist nur 5,10 Meter lang und wiegt leer gerade einmal 457 Kilogramm. © V. K. Thomalla

In der Concorde-Halle sind gleich zwei Concorde ausgestellt. Das bisher einzige Überschall-Verkehrsflugzeug, welches auch länger im Linienbetrieb flog, und dessen Zeit Anfang der 2000er Jahre ablief, nachdem eine Concorde der Air France beim Start vom Flughafen Paris Chalres-de-Gaulle in der Nähe des Flughafens Le Bourget abstürzte.

Daneben befinden sich mit der Halle des Zweiten Weltkriegs und dem Pavillon des Regiments Normandie-Niemen zwei Ausstellungsbereiche, die sich mit der Zeit von 1939 bis 1945 befassen. Viele wichtige Muster aus dieser Zeit sind als Originale in diesen Hallen untergebracht, von der C-47 Dakota über die Spitfire, P-51 Mustang bis zur P-47 Thunderbolt. Eine Focke-Wulf Fw 190 in den Farben des Flugzeugs des deutschen Jagdfliegers Josef Priller – er war einer von nur zwei deutschen Piloten, die am 6. Juni 1944 über die Strände der Normandie flogen – ist aber keine originale 190. Sie ist nämlich viel seltener. Das Flugzeug wurde nämlich als NC 900 nach 1945 in Frankreich gebaut. Um die französischen Luftstreitkräfte möglichst schnell unabhängig von anderen Nationen wieder zu bewaffnen, wurde zwischen 60 und 70 Focke Wulf Fw 190 aus Ersatzteilen gebaut, die bei französischen Firmen und auf Flugplätzen gelagert waren. Ausgerechnet die Staffel Normandie-Niemen, die im Zweit Weltkrieg in Russland gegen Deutschland gekämpft hatte, wurde mit den NC 900 ausgerüstet.

Das Regiment Normandie-Niemen hat eine besondere Geschichte

Die Piloten des Regiments 2/30 Normandie-Niemen hatten am Ende des Krieges, bevor sie nach Frankreich zurückgeschickt wurden, von Stalin persönlich ihre Flugzeuge geschenkt bekommen und waren mit ihnen nach Frankreich geflogen. Dort wurden ihnen die Flugzeuge aber wieder abgenommen, denn Privatpersonen durften keine modernen Jagdflugzeuge besitzen. Das Schicksal der russischen Jagdflugzeuge war damit aber besiegelt, denn es gab keine Ersatzteile und die französischen Streitkräfte konnten damit nichts anfangen. Die Flugzeuge wurden ausgeschlachtet und bis auf eines verschrottet. Außerdem zeichnete sich der Beginn des Kalten Krieges ab, und es war klar, dass die Ersatzteilversorgung sich nicht verbessern würde. In der Halle der Normandie-Niemen steht die einzige überlebende Jak-3 des Regiments.

Der leichte Jagdbomber SEPECAT Jaguar war ein französisch-britisches Gemeinschaftsprojekt. © V. K. Thomalla

Die französische Sécurité Civile hat die CL-215 mit Sternmotoren lange Jahre als Löschflugzeuge im Einsatz gehabt. © V. K. Thomalla

Das Außengelände hat das Potenzial, eine informativ zu erschlagen: Dort stehen wie erwähnt, Großgeräte wie Airbus A380, Boeing 747 und andere. Die Flugzeuge sind – mit Ausnahme der Boeing 747 der Air France – nicht für Besichtigungen freigegeben, aber die Flugzeuge sind problemlos zu fotografieren, denn die Besucher des Museums verlaufen sich auf dem weitläufigen Gelände. Mirage 2000, SEPECAT Jaguar, C-160 Transall – gleich zwei Exemplare – Canadair CL-215-Wasserbomber, Sud Aviation Caravelle, Nord 262, Breguet Atlantique, Saab Vigger, Suchoi Su-22, Super Etendard, Dassault Mercure, Embraer Tucano und TB-30 Epsilon und andere machen das Erlebnis eines Besuchs des Musée de l’air zu einem einmaligen Erlebnis.

Auf dem Platz vor dem Museum klafft derzeit eine tiefe Baugrube: Dort entsteht eine neue Metro-Station, die spätestens 2030 den Flughafen le Bourget an das Pariser Metro-Netz anschließen soll. Dann ist auch die Anreise zum Museum ein Kinderspiel und man ist in kurzer Zeit aus dem Stadtzentrum beim „Luftfahrt-Louvre“.

Volker K. Thomalla

 

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Über Volker K. Thomalla

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Volker K. Thomalla ist Chefredakteur von aerobuzz.de. Er wurde 2021 mit dem Aerospace Media Award (Kategorie Business Aviation) ausgezeichnet. Er berichtet seit 40 Jahren als Journalist über die Luft- und Raumfahrt. Von 1995 bis 2016 leitete er als Chefredakteur die Redaktion aerokurier, von 2000 bis 2016 zusätzlich die Redaktionen FLUG REVUE und Klassiker der Luftfahrt. Thomalla war zwischen 2016 und 2020 Chefredakteur des englischsprachigen Business-Aviation-Magazins BART International. Er hat mehrere Bücher über die Luftfahrt geschrieben und als Privatpilot auch praktische Flugerfahrung gesammelt.

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