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Die Junkers A60 wird ab nächstem Jahr die A50 Junior ergänzen

Die Junkers A50 Junior und die A50 Heritage sind besondere Flugzeuge. Der Hersteller fertigt sie im Schwarzwald mit modernsten Maschinen, gepaart mit traditionellem Handwerk. Aerobuzz hat das Werk besucht. Um den nordamerikanischen Markt zu bedienen, wird derzeit eine eigene Fertigung in den USA aufgebaut. Dort hat der Hersteller gerade die erste A50 Junior fertiggestellt.

20.11.2024

Junkers Aircraft hat die A50 Heritage mit Sternmotor auf der AERO 2024 vorgestellt. © Jörg Adam

Auf der AERO 2024 im April in Friedrichshafen gehörte die dort feierlich enthüllte Junkers A50 Heritage zu den Messe-Highlights. Das Ultraleichtflugzeug, das von seinen Abmessungen und seinem Auftritt nicht auf den ersten Blick als UL erscheint, ist eine Ableitung aus der Junkers A50 Junior, die ebenfalls von Junkers Aircraft in Oberndorf am Neckar in Anlehnung an das historische Vorbild Junkers A50 Junior aus den späten 1920er Jahren entwickelt wurde. Die A50 Heritage soll Menschen ansprechen, die ein besonderes Flugzeug fliegen wollen. Der Siebenzylinder-Sternmotor des tschechischen Herstellers Verner Motor, sowie die Rundinstrumente im Cockpit, lassen bei dem Tandemsitzer ein besonderes, puristisches Retro-Gefühl aufkommen. Die A50 hat auch schon Kunden angesprochen, die noch keine Lizenz haben, aber das Flugzeug bestellten.

Junkers Aircraft

Auch wenn die A50 Heritage und die A50 Junior ihrem historischen Vorbild äußerlich sehr nahe sind, handelt es sich doch um moderne Interpretationen, in die moderne Entwicklungen und Systeme eingeflossen sind. So verfügen die heutigen Flugzeuge – im Gegensatz zur A50 – von früher über ein Gesamtrettungssystem, wie es heute bei Ultraleichtflugzeugen üblich ist. In der A50 Junior mit Rotax-Motor ist im Cockpit ein modernes Avioniksystem Garmin G3X zu finden, welches eine Fülle an Funktionen bietet, von denen Piloten aus der Frühzeit der Fliegerei nicht einmal zu träumen wagten.

Bei der Konstruktion der Junkers A50 Junior hatte das Team um Dominik Kälin eine im Deutschen Museum in Schleißheim ausgestellte Junkers A50 Junior mit einem Laser scannen dürfen. Diese Daten lieferten den Ausgangspunkt für die Neukonstruktion des Flugzeugs. Die Konstrukteure optimierten das Flugzeugs dort, wo es nötig und möglich war.

Ein Flügel wiegt nur 34 Kilogramm

Die ursprüngliche Junkers A50 Junior war seinerzeit bereits ein Beispiel für herausragende Ingenieursleistungen, berichtet Dieter Morszeck, der Initiator des Projekts und einer der beiden Geschäftsführer von Junkers Aircraft, beim Besuch von Aerobuzz in Oberndorf. Die neue Junkers A50 Junior wiegt – abhängig von der vom Kunden ausgewählten Ausstattung – zwischen 360 und 380 Kilogramm. Ein Flügel wiegt nur 34 Kilogramm. Die maximale Abflugmasse liegt bei 600 Kilogramm – und damit passt das Flugzeug genau in die UL-Klasse und trägt in Deutschland deswegen auch ein „M“ als zweiten Buchstaben des Kennzeichens. Auch die Original-A50-Junior wog zwischen 360 und 370 Kilogramm, verfügte aber nicht über ein Gesamtrettungssystem wie die heutigen A50.

Die besondere Konstruktion der Junkers A50 ermöglicht einen extremen Leichtbau des Flugzeugs. © Jörg Adam

Jede A50 besteht aus 760 Blechteilen und 80 gefrästen Teilen. Hinzu kommen noch rund 8.000 Niete, die individuell und manuell gesetzt werden. Es werden dabei nur Luftfahrt-Niete verwendet, auch wenn in der UL-Klasse andere, nicht-zertifizierte Niete erlaubt wären. 99 Prozent der Flugzeugstruktur der Junkers A50 bestehen aus Duraluminium, und nur ein Prozent aus Stahl. Junkers Aircraft setzt bei der Fertigung der neuen A50 zwar mit Wellblech-Duraluminium auf den Original-Werkstoff, bearbeitet diesen aber mit modernsten Methoden und Maschinen. Der Hersteller verfügt über eine erstaunliche Fertigungstiefe und kann so die Qualität aller Fertigungsschritte und Teile garantieren. „Wir fertigen alle Formen und auch alle Werkzeuge selbst“, berichtet Dieter Morszeck und zeigt die im eigenen Werk gefertigten Negativ- und Positivformen für Bauteile. Blechteile werden auf modernsten Präzisionsmaschinen geschnitten und garantieren so eine perfekte Reproduzierbarkeit. „Jede Rippe, jedes Teil ist gleich“, sagt Dominik Kälin.

Ohne manuelle Arbeit geht es nicht

Die Montage der Bauteile und des gesamten Flugzeugs erfordert aber nach wie vor viel manuelle Arbeit. Für den Bau einer A50 Junior benötigte Junkers vor 95 Jahren rund 4.500 Arbeitsstunden, berichtet Dieter Morszeck. Junkers Aircraft benötigt heute noch rund 2.250 Stunden und hat bereits weitere Potenziale identifiziert, um den benötigten Aufwand für die Montage zu reduzieren. „Wir wollen optimieren, aber sparen auf keinen Fall an der Qualität. Wir haben dort keinen Druck und den wird es auch niemals geben“, betonen Morszeck und Kälin. Morszeck sagt: „Wir wollen diese Qualität haben und wollen ein gutes Produkt abliefern. Das ist unsere Strategie und das liegt in unserer DNA.“

Die Junkers A50 Junior vor dem Kölner Dom. © Jörg Adam

Junkers Aircraft hat bislang ein Dutzend A50 ausgeliefert. Wer heute eine A50 Junior bestellt, kann mit einer Auslieferung in sechs bis neun Monaten rechnen. Die Produktionskapazität in Oberndorf liegt derzeit bei zehn Flugzeugen pro Jahr und wird gerade auf 25 Einheiten pro Jahr in Oberndorf angehoben. Junkers Aircraft investiert derzeit in den Bau einer Erweiterung des Standorts Oberndorf, um dort eine Galvanik zu installieren, um auch diesen Bearbeitungsschritt im Produktionsprozess ins Haus zu holen. Dies reduziere nicht nur die Zahl der benötigten Arbeitsstunden, sondern steigere gleichzeitig noch einmal die Qualität der Oberflächenbehandlung, sagt Dominik Kälin. Hinzukommt die Kapazität des Werks in Battle Creek im US-Bundesstaat Michigan, wo ebenfalls 25 Junkers A50/A60 pro Jahr gebaut werden können. In Michigan wurde jetzt die erste Junkers A50 Junior fertiggestellt.

Junkers hat nach dem Bau von drei F13 die Fertigung eingestellt. Sie fliegen nun als Junkers-Fliegerstaffel in Europa. © Jörg Adam

Junkers Aircraft und Kaelin Aero beschäftigen am Standort in Oberndorf 80 Mitarbeiter. In diesem Jahr haben sechs Auszubildende ihre Ausbildung begonnen. Während Junkers Aircraft die Junkers-Flugzeuge baut, fertigt Kaelin Aero als Zulieferer auch Teile für andere Hersteller, wie beispielsweise Pilatus Aircraft. Dominik Kälin und Dieter Morszeck waren 2013 zusammengekommen, als Morszeck eine fliegende Junkers F13 bauen wollte und nach einem kompetenten Flugzeugbauer suchte, den er in Dominik Kälin und seiner Firma fand. Nach drei gebauten Junkers F13 (Kennzeichen HB-RIA, HB-RIO und HB-RIM) wurde die Fertigung eingestellt. Auch das vorgesehen Projekt des Nachbaus einer Junkers Ju 52 wurde aufgrund mangelnden Kundeninteresse nicht weiter verfolgt. Die drei Junkers F13 bleiben aber aktiv und werden auf Flugtagen als „Junkers-Fliegerstaffel“ in Europa gezeigt, unter anderem im nächsten Jahr auf dem Hahnweide Oldtimer-Treffen (12. bis 14. September 2025).

Auf der AERO 2025 wird Junkers Aircraft eine neue Version der A50 Junior präsentieren: Die Junkers A60, eine Variante des Flugzeugs, bei der beide Insassen nebeneinander sitzen. Dazu wurde das Rumpfmittelteil um 30 Zentimeter verbreitert,  aber das Leitwerk und die Tragflächen der A50 werden unverändert übernommen. Die Spannweite wächst dadurch von 7,70 Metern bei der A50 Junior und der A50 Heritage auf 10,00 Meter – was der Original-Spannweite der A50 entspricht. Für die A60, die erstmalig als Projekt 2023 vorgestellt wurde, gibt es kein historisches Vorbild, aber sie wird einen größeren Personenkreis ansprechen, ist Dieter Morszeck überzeugt. Die A60 erhält ein Einziehfahrwerk, bei dem die Räder in das Rumpfmittelteil nach innen einfahren. Die A60 wird auch eine Besonderheit aufweisen und kann von einer „Cabrio-Version“ mit offenem Cockpit und kleiner Frontscheibe zu einer Version mit geschlossenen Haube relativ schnell umgebaut werden. Dazu sind nur zwei Splinte und vier Schrauben notwendig.

Volker K. Thomalla

 

 

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Über Volker K. Thomalla

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Volker K. Thomalla ist Chefredakteur von aerobuzz.de. Er wurde 2021 mit dem Aerospace Media Award (Kategorie Business Aviation) ausgezeichnet. Er berichtet seit 40 Jahren als Journalist über die Luft- und Raumfahrt. Von 1995 bis 2016 leitete er als Chefredakteur die Redaktion aerokurier, von 2000 bis 2016 zusätzlich die Redaktionen FLUG REVUE und Klassiker der Luftfahrt. Thomalla war zwischen 2016 und 2020 Chefredakteur des englischsprachigen Business-Aviation-Magazins BART International. Er hat mehrere Bücher über die Luftfahrt geschrieben und als Privatpilot auch praktische Flugerfahrung gesammelt.

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