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Boeing kauft Spirit AeroSystems (zurück)

Boeing sieht die Übernahme von Spirit AeroSystems als entscheidende Maßnahme, um die Qualitätsprobleme in den Griff zu bekommen. Die Geschäftsbereiche von Spirit, die für Airbus Komponenten fertigen, werden an den europäischen Wettbewerber verkauft.

1.07.2024

Spirit AeroSystems produziert die Rümpfe der Boeing 737-Familie. © Spirit AeroSystems

Die Boeing Company hat die Verhandlungen mit seinem wichtigsten Zulieferer Spirit AeroSystems aus Wichita im US-Bundesstaat Kansas abgeschlossen und wird den Zulieferer komplett übernehmen. Die Übernahme erfolgt komplett durch einen Aktientausch, der rund 4,7 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 4,37 Milliarden Euro) wert ist. Allerdings übernimmt Boeing auch die Schulden von Spirit AeroSystems, so dass der Gesamtwert der Übernahme bei rund 8,3 Milliarden US-Dollar (7,6 Milliarden Euro) liegt.

Dave Calhoun, der Präsident und Hauptgeschäftsführer (CEO) von Boeing, sagte: „Wir glauben, dass dieser Deal im besten Interesse der fliegenden Öffentlichkeit, unserer Airline-Kunden, der Mitarbeiter von Spirit und Boeing, unserer Aktionäre und des Landes im Allgemeinen ist. Durch die Reintegration von Spirit können wir unsere kommerziellen Produktionssysteme, einschließlich unserer Sicherheits- und Qualitätsmanagementsysteme, und unsere Belegschaft vollständig auf dieselben Prioritäten, Anreize und Ergebnisse ausrichten – mit dem Schwerpunkt auf Sicherheit und Qualität.“

Lloyd Stearman gründete die Firma in Wichita

Die Firmengeschichte von Spirit AeroSystems reicht bis in das Jahr 1927 zurück. Der Flugzeugkonstrukteur Lloyd Stearman gründete das Unternehmen in Wichita und verkaufte es an 1929 an United Aircraft, einem Jonit-Venture von Boeing und Pratt & Whitney. Im Zweiten Weltkrieg produzierte das Unternehmen nicht nur die Boeing Stearman-Doppeldecker, sondern auch die Boeing B-29 Superfortress. Später fertigte Boeing in Wichita auch die schweren Bomber B-47 und B-52.

Boeing hat in Wichita auch alle Rümpfe aller bisher gebauten Boeing 737 gefertigt. 2005 änderte Boeing seine Geschäftsstrategie und konzentrierte sich auf die Entwicklung und die Endmontage der Flugzeuge. Die Aktivitäten in Wichita sah man nicht mehr als Kernkompetenz an. Der Konzern trennte sich von seinem Werk in Wichita und verkaufte es an eine Investmentfirma. Das war die Geburtsstunde von Spirit AeroSystems.

Spirit erweiterte in den Folgejahren seine Aktivitäten und erwarb Werke von BAE Systems in Schottland und von Bombardier in Nordirland. Spirit AeroSystems ist auch ein wichtiger Zulieferer für Airbus und fertigt unter anderem die Tragflächen für die A220 und eine A350-Rumpfsektion in Kinston im US-Bundesstaat North Carolina.

In der jüngsten Vergangenheit gerieten sowohl Boeing als auch Spirit AeroSystems wegen Qualitätsmängeln in den Fokus der Aufsichtsbehörden. Bei der Untersuchung des schweren Zwischenfalls mit einer Boeing 737 MAX 9 der Alaska Airlines, bei dem eine Abdeckung einer Notausgangstür im Januar dieses Jahres im Flug herausgeschleudert wurde, stellte sich heraus, dass Spirit AeroSystems wohl die Abdeckung nicht den Vorschriften entsprechend montiert hatte und die Qualitätsinspektionen bei Boeing diesen Mangel nicht erkannt hatten.

Airbus übernimmt Teile von Spirit AeroSystems

Spirit AeroSystems wird als Teil des Boeing-Konzerns keine Teile mehr für Airbus fertigen können. Um eine Unterbrechung der Lieferkette zu verhindern, haben Airbus und Spirit eine Vereinbarung getroffen, nach der Airbus die entsprechenden Werke und Produktionslinien von Spirit übernehmen will. „Mit dieser Vereinbarung will Airbus die Versorgungssicherheit für seine Verkehrsflugzeugprogramme gewährleisten, indem es für die verschiedenen Airbus-Arbeitspakete, für die Spirit AeroSystems heute verantwortlich ist, sowohl in betrieblicher als auch in finanzieller Hinsicht einen nachhaltigeren Weg einschlägt. Die Transaktion würde die Übernahme dieser Aktivitäten umfassen. Airbus erhält von Spirit AeroSystems einen Ausgleich in Höhe von 559 Millionen US-Dollar für eine nominale Gegenleistung von 1,00 US-Dollar, vorbehaltlich von Anpassungen auf der Grundlage des endgültigen Transaktionsumfangs“, teilte der europäische Flugzeugbauer mit.

Patrick M. Shanahan, der Präsident und CEO von Spirit AeroSystems, sagte: „Nach sorgfältiger Prüfung des Fusionsangebots von Boeing sind wir zuversichtlich, dass diese Transaktion im besten Interesse von Spirit und seinen Aktionären ist und auch den anderen Interessengruppen von Spirit zugute kommen wird. Die Zusammenführung von Spirit und Boeing wird eine stärkere Integration der Fertigungs- und Entwicklungskapazitäten beider Unternehmen ermöglichen, einschließlich der Sicherheits- und Qualitätssysteme. Wir sind stolz auf die Rolle, die wir in den Airbus-Programmen gespielt haben, und glauben, dass die Übernahme dieser Programme durch Airbus eine stärkere Integration und Anpassung ermöglichen wird.“

Bob Fischer

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Über Volker K. Thomalla

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Volker K. Thomalla ist Chefredakteur von aerobuzz.de. Er wurde 2021 mit dem Aerospace Media Award (Kategorie Business Aviation) ausgezeichnet. Er berichtet seit 40 Jahren als Journalist über die Luft- und Raumfahrt. Von 1995 bis 2016 leitete er als Chefredakteur die Redaktion aerokurier, von 2000 bis 2016 zusätzlich die Redaktionen FLUG REVUE und Klassiker der Luftfahrt. Thomalla war zwischen 2016 und 2020 Chefredakteur des englischsprachigen Business-Aviation-Magazins BART International. Er hat mehrere Bücher über die Luftfahrt geschrieben und als Privatpilot auch praktische Flugerfahrung gesammelt.

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