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Frauen in der Luftfahrt: Dazugehören und die Unterschiede feiern

Das Team von Elevate(her) will vor allen Dingen Frauen auf ihrem Weg in die Luftfahrt unterstützen. Nachdem die kurze Meldung zu diesem Netzwerk von der AERO auf seinem LinkedIn-Profil so gut angenommen wurde, wollte unser Autor noch mal etwas genauer wissen, was Elevate(her) eigentlich macht.

14.06.2024

Katherine Moloney fliegt Hubschrauber und Flächenflugzeuge und hat die Initiative Elevate(her) gegründet. © Katherine Moloney

Weniger als fünf Prozent der Piloten im Vereinigten Königreich sind Frauen. Das sei eine schockierende Statistik, sagt der Moderator eines BBC-Fernsehbeitrages im Juli vergangenes Jahres über die Organisation Elevate(her), die nur zwei Monate zuvor von Katherine Moloney gegründet wurde. Den Anteil an Frauen (nicht nur im Cockpit) zu erhöhen, dafür setzt sich Moloney ein. Was die Beweggründe für ihr Engagement betrifft, hält sich die 25-Jährige allerdings bedeckt. Gleiches gilt für die Erfahrungen, die die Mitglieder ihrer Organisation in der Luftfahrtbranche gemacht haben.

„Es ist eine Herausforderung als Frau in der Luftfahrtbranche tätig zu sein! (Glaub mir, ich weiß das!) Und es ist wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und zu fördern“, schreibt Moloney auf ihrer Webseite. Leider verrät sie auch auf direkte Nachfrage nicht, welche prägenden Erfahrungen sie gemacht hat, die ja vielleicht auch die Motivation für dieses aufwendige Projekt liefern könnten. „Über negative Aspekte zu sprechen finde ich nicht zielführend. Ich konzentriere mich lieber auf Positives“, sagt Moloney, die gleichzeitig betont, dass sie während ihrer Ausbildung wirklich sehr unterstützende männliche Ausbilder hatte. Dass Frauen denken, sie wären nicht gut genug, lässt sie sich dann doch entlocken: „Das ist aber auch ein negativer Fokus. Das mache ich nicht mehr.“

Sie selbst scheint ziemlich gut zu sein, denn immerhin hatte die Britin schon mit 19 Jahren ihre Hubschrauberlizenz (PPL-H) in der Tasche. Nur vier Jahre später kam der PPL für Flächenflugzeuge dazu. Fliegen war und ist ein privates Hobby von Moloney. Beruflich ist sie bei dem Unternehmen Transair Flight Equipment tätig, wo sie im Lager begann und heute als Marketing Director arbeitet. Außerdem war sie zwei Jahre lang ehrenamtlich „Aviation Ambassador“ für das Department for Transport (DfT), eine Ministerialabteilung der Regierung des Vereinigten Königreichs. Dass Hubschrauber fliegen genauso süchtig machend wie teuer ist, kann Moloney aus eigener Erfahrung bestätigen. Woher das Geld für das Hobby beziehungsweise eine Ausbildung zur Berufspilotin kommen soll, ist eine Frage, die auch viele Mitglieder von Elevate(her) und Besucher am AERO-Messestand beschäftigte: „Ich selbst habe hart dafür gearbeitet und damit gleich nach der Schule begonnen. Ich war die einzige in meinem Jahrgang, die nicht zur Uni gegangen ist. Das war einfach nichts für mich.“

Via Social Media Rollenvorbild sein und Frauen motivieren

Schnell loslegen können, das sollen natürlich auch Frauen, die sich für die Luftfahrtbranche interessieren. Um dabei möglichst gut unterstützen zu können, hat Katherine Moloney ihre Elevate(her)-Plattform in sechs Bereiche unterteilt. Unter „Inform(her)“ werden Informationen über mögliche Stipendien- und Arbeitsmöglichkeiten an einem Ort im Internet gesammelt. „Inspire(her)“ ist der Platz für Social-Media-Posts von Frauen in der Luftfahrt. Zu sehen, was andere Frauen schon alles geschafft haben, kann sich laut der 25-Jährigen nur positiv auf die Luftfahrindustrie auswirken. Unter „Connect(her)“ wird das jährliche Netzwerk-Lunch angekündigt: „Eine der häufigsten Fragen auf der AERO war, ob wir auch Events in Europa anbieten. Die Leute wollen sich persönlich treffen. Darum werden wir dieses Thema für die Zukunft auf jeden Fall anpacken.“ In der Rubrik „Educate(her)“ finden angehende Luftfahrt-Frauen alles über Flugschulen, Ausbildung, Eignungstests und Berufsberatung. „Support(her)“ soll Frauen in der Luftfahrt und in MINT-Berufen unterstützen, bietet aber auch eine Art Pressespiegel über das Elevate(her) Projekt. Unter „About(her)“ stellt sich die Gründerin der Community vor und es gibt noch mal eine Reihe von Berichten in Magazinen. Die Informationen stehen frei verfügbar auf der Elevate(her) Webseite. Zusätzlich bietet die Organisation eine kostenlose, lebenslange Mitgliedschaft an, mit der man auch Zugang zum Blog-Bereich bekommt. Was das Geld betrifft, hat die ehemalige Ambassadorin des Department for Transport übrigens auch die Pilotenausbildung im Blick: „Wir müssen gucken, was wir tun können, um beim Fliegen lernen die Kosten zu senken.“

Mich interessiert, wie viele Mitglieder Elevate(her) etwas mehr als ein Jahr nach der Gründung hat. Eine Antwort auf diese Frage bekomme ich allerdings nicht: „Eine Zahl möchte ich nicht nennen. Nur so viel: Wir sind wachsende, globale Gemeinschaft, deren Mitgliederzahl sich schnell verändert.“ Außerdem erfahre ich, dass es auch männliche Mitglieder gibt: „Zum Beispiel Väter, die sich für Ihre Töchter bei uns angemeldet haben.“

Katherine Moloney will mit Elevate(her) mehr Frauen für die Luftfahrt begeistern. © Katherine Moloney

Ich bin überrascht, dass die Mitgliederzahl „geheim“ ist probiere es mit der Frage nach den Gründen, warum so wenige Frauen in der Luftfahrt sind. Woran könnte das nach der Einschätzung von Katherine Moloney liegen? „Es gibt zu wenige positive, weibliche Vorbilder. Das ist nur ein Faktor, aber ein großer Faktor“, findet die 25-Jährige. Deswegen scheint hier auch der Hauptangriffspunkt der Marketing-Frau zu liegen: „Ich will Frauen über Social Media erreichen und ihnen zeigen, dass sie in der Luftfahrindustrie willkommen sind.“ Ich hake nach, ob es weitere Beispiele für Gründe gibt. Bei Airline-Pilotinnen könnte das die Work-Life-Balance sein und auch fehlende Möglichkeiten bei der Kinderbetreuung. Ein Blog-Beitrag auf der Elevate(her)-Webseite bringt Air India als positives Beispiel. Neben einem Frauenanteil von 15 Prozent im Cockpit hat die Airline laut Moloney unter anderem auch ein sehr effizientes Kinderbetreuungssystem. Auch wenn die 25-Jährige selbst noch keine Kinder hat, ist sie sich sicher, dass sie ein solches Angebot nutzen würde: „Ich würde mich freuen meinen Beruf ausüben zu können und gleichzeitig ein positives Rollenvorbild auch für meine Kinder zu sein.“

Männer machen andere schlechte Erfahrungen als Frauen

Weil ich mich ernsthaft und ehrlich für Beispiele aus dem Berufsleben interessiere, wage ich noch einen Versuch und frage meine Interviewpartnerin, ob sie der Meinung ist, dass Männer in der Branche keine oder weniger Probleme hätten? „Männliche Piloten machen andere schlechte Erfahrungen, als weibliche“, ist die Antwort, die ich bekomme. Da das „Mann/Frau-Thema“ in der Gesellschaft bisweilen ja doch recht heiß diskutiert wird, spreche ich einen Podcast an, den ich vor Kurzem gehört habe. Darin berichtet ein Persönlichkeitspsychologe, dass er an Universitäten nicht mehr von Unterschieden zwischen Frauen und Männern sprechen darf, weil die Studenten sagen, dass es keine gibt. Ich bin gespannt, wie meine 25-jährige Interviewpartnerin das sieht: „An jedem Arbeitsplatz braucht es Diversität und wir sollten die Unterschiede zwischen Frauen und Männern feiern!“

Am wichtigsten ist für Katherine Moloney, als Frau gesehen zu werden: „Als ich fliegen gelernt habe, habe ich nie eine andere Frau getroffen. Mir fehlte die Verbindung zu anderen Frauen, die positive Vorbilder für mich sein konnten.“ Moloney möchte das Gefühl haben, dazu zu gehören: „Zu meinem Flugplatz, der Karriere und der Luftfahrindustrie.“ Dieses Ziel will sie natürlich nicht nur für sich selbst erreichen, sondern für möglichst viele Frauen. Darum arbeitet sie mit einem Team aus 14 Freiwilligen an dem Projekt Elevate(her): „Meine Intention ist, dass Elevate(her) irgendwann nicht mehr gebraucht wird, weil Frauen in der Luftfahrt ganz normal sind. Davon sind wir aber noch weit entfernt.“

Heiko Link

 

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Über Heiko Link

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Heiko Link ist Journalist und Podcaster, der in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Seine bevorzugte Berichtsform ist die humorvolle Reportage, die er am liebsten über Flugzeug-Selbstbauer schreibt. Baugeschichten und technische Themen begeistern ihn in der Luftfahrt und auch am Boden, beim Hoch- und Tiefbau. Fliegerische Erfahrung hat der Ostwestfale als Drachen-, Gleitschirm- und UL-Pilot gesammelt.

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