Dieser Satz mag rätselhaft klingen, aber blickt man auf den Dezember 2007 zurück, als die Lufthansa in Auburn im US-Bundesstaat Maine bei einer Versteigerung drei Lockheed Super Star Constellation (offizielle Typenbezeichnung Lockheed L-1649) erwarb mit dem Ziel, ein Symbol für die Lufthansa für die Zeit ab 1955 greifbar zu machen, so bedarf es hier einiger Ausführungen.
Restaurierung der Lufthansa-Connie
Vorweg, – die „Connie“ gilt in den Augen vieler als das schönste je gebaute Flugzeug. Man mag sich über Geschmack streiten können, aber wer sie einmal live gesehen hat, wer sie je erlebt hat, wird an einem bewundernden Gefühl nicht vorbei kommen. … Und dieses Gefühl dürften die Anwesenden am 17. Januar am Hamburger Flughafen erfahren haben. Um dieses Gefühl, insbesondere bei den zahlreichen Beteiligten am Projekt L-1649 der Lufthansa, nachempfinden zu können, bedarf es eines Rückblicks.
Die Connie ist in einer außergewöhnlichen Bauweise konstruiert. Sie fällt mit ihrer Rumpform sofort auf. Kein Spant ist wie der andere, was zu einer strömungsgünstigen Delphin-ähnlichen Form führt, die am Heck elegant im Leitwerk ausläuft, das ungewöhnlich, aber majestätisch wirkt! Ein Leitwerk mit drei Seitenleitwerken, die so mancher wie eine Krone empfindet. Der Hintergrund dieser auffälligen Konstruktion ist ein recht simpler: Die von Howard Hughes für seine Fluggesellschaft TWA in Auftrag gegebene Constellation-Serie sollte erstmals die USA von Ost bis West nonstop befliegen können. Eine entsprechend starke Motorisierung erforderte zum Beispiel für den Fall eines Motorausfalls ein sehr großes Seitenleitwerk. Die gängigen Flugzeughangars der Airlines hatten aber nicht die erforderliche Torhöhe. Daher baute man der Connie drei kleinere Leitwerke ans Heck, die zu ihrem weltweit bekannten Markenzeichen wurden.
Eine Erklärung schuldig ist auch die Bezeichnung „Diva“. Die Connie erfordert viel Aufmerksamkeit beim Fliegen! Mindestens ebenso anspruchsvoll ist die Arbeit der Flugingenieure, die die vier 18-Zylinder Curtiss-Wright-Doppelstermotoren ständig im Auge halten und von ihrem Platz aus gemäß den Anforderungen der Flugsituationen in Absprache mit den Piloten bedienen. Die Komplexität dieser Sternmotoren erforderte eine sorgsame Behandlung. Etwas lästerhaft ist in der Branche ist die Bezeichnung des Musters als „beste Dreimotorige“. Dies resultiert aus der hohen Anzahl von Motorabschaltungen während der Flüge. Die Motoren sind in Wirklichkeit nicht so anfällig wie ihr Ruf vermuten lässt. Was meist nur Insidern bekannt ist, – im Gegensatz zu heutigen Triebwerken konnte man bei den Connie-Motoren einen Generator nicht im Fluge abkoppeln. Das bedeutet, dass bei einem elektrischen Problem mit einem Generator der Motor abgeschaltet werden musste, um Folgeschäden elektrischer Art bis hin zum Generatorbrand zu vermeiden. Die Ursache für einen stehenden Motor war für Außenstehende beziehungsweise die Passagiere nicht ersichtlich.
Die Connie war immer für Überraschungen gut
Das „Airconditoning and Pressurization Panel“ der Constellation ist ebenfalls hochkomplex in Aufbau und Bedienung. Unpässlichkeiten in den technischen Systemen und die fliegerische Handhabung führten zur der kritischen, aber auch dennoch liebe- und respektvollen Bezeichnung „Diva der Luftfahrt“. Man schätzt sie sehr, ist aber auf Überraschungen gefasst.
2007 gab es weltweit nur noch zwei fliegende L-1049 Super Constellation, der vorletzten Typenreihe der Constellation. Die HB-RSC der SCFA in der Schweiz und das Schwesterflugzeug VH-EAG der australischen HARS.
Die letzte und komplexeste Entwickungsstufe der Constellation ist die L-1649. Noch stärkere Motoren mit je 3.450 PS, ein von 37 Meter auf 45 Meter Spannweite gestreckter und schlankerer Flügel sind nur einige Merkmale. Diese Version war Lockheeds letztes Aufgebot im Bereich von Verkehrsflugzeugen mit Sternmotoren, ehe die Jet-Antriebe sie ablösten.
Weltweit gab es kein fliegendes Exemplar der Typenreihe L-1649, von der Lufthansa in den 1950er bis -60er Jahren vier Stück in Betrieb hatte, als man in Auburn drei verbliebene Super Star Connies als komplettes Los ersteigerte.
Die Ju 52 genießt Denkmalschutz
Die Ju 52 D-AQUI der Lufthansa steht symbolisch für den Einstieg der Lufthansa und den Aufbau der Weltluftfahrt und war von 1986 bis 2018 eine erfolgreiche Botschafterin der Lufthansa auf zwei Kontinenten. Sie war das erste Passagierflugzeug, dem 2015 der Titel „Fliegendes Denkmal“ verliehen wurde.
Hintergrund des Engagements für die Connie ab 2007 in Auburn war die Idee, ein ebenfalls fliegendes Museum, symbolisch für den Wiedereintritt der Lufthansa ab 1955 in die internationale Luftfahrt, zu etablieren. Ein anspruchsvolles Projekt angesichts der Tatsache, dass die drei ersteigerten Flugzeuge seit mehr als 20 Jahren nicht mehr geflogen und seitdem Wind und Wetter ausgesetzt waren. Man war sich des großen Arbeitsaufwandes des Projekts bewusst, bei dem von Beginn an die US-Luftfahrtbehörde FAA und das deutsche Luftfahrt-Bundesamt (LBA) mit einbezogen waren.
„Aus drei mach eins“, lautete das Motto, und man hoffte, über ausreichend Teile zu verfügen, die bis „fast neu“ überholt werden könnten um ein Flugzeug restaurieren und flugfähig machen zu können. Es war das Ziel – analog zur Ju 52 der Lufthansa – sich fliegend präsentieren zu können.
In der „Connie-Zeit“ war es der Lufthansa möglich, den Nordatlantik erstmalig mit Passagieren nonstop bewältigen zu können. Mit einer der damaligen vier Super Star Constellations führte Lufthansa die Senator Class ein. Sonst für zirka 90 Passagiere ausgelegt, beinhaltete die „Senator-Connie“ rund 40 Sitzplätze mit Schlafmöglichkeiten, Lounge und Bar, – ein exklusives Flugerlebnis erwartete die Gäste. In ähnlichem Stil plante man die Kabinenausstattung für die zu restaurierende Super Star Constellation. Aber nicht nur besondere Fern-Erlebnisreisen mit einer einzigen weltweit fliegenden L-1649 waren angedacht. Um vielen mitfiebernden Luftfahrtenthusiasten gerecht werden zu können, wurden auch eher erschwingliche Flüge wie zum Beispiel Hamburg – München und andere erwogen.
In Auburn musste für die Restaurierung seitens des Flughafens erst eine Halle gebaut werden, die von Lufthansa Technik angemietet werden konnte. Im März 2008 begonnen, konnte diese Halle bereits am 8. November desselben Jahres eingeweiht werden, und die Arbeiten an dem ausgesuchten der drei Flugzeuge wurden noch am selben Tage nach den Feierlichkeiten aufgenommen.
Zusammenarbeit mit den Behörden
Das Ziel der Restaurierung war hoch gesteckt. Schießlich galt es, für diesen Einsatz hohe Vorgaben zu erfüllen. Eine vollständige Restaurierung, die einen mehr als 20-jährigen Einsatz ermöglichen sollte. Den Anforderungen des modernen Luftraums bei der Ausrüstung gerecht werden und dabei möglichst den Stil des originalen Cockpits bewahren. Eine Quadratur des Kreises! Soweit Teile ersetzt werden mussten und die ursprünglichen Materialien nicht mehr zu beschaffen waren, mussten alternative Lösungen mit durch die Behörden begleiteten Nachweisen gefunden werden. Wer mal ein älteres Fachwerkhaus gekauft hat und wieder herrichten möchte, kann ahnen, dass es bei diesem Projekt immer wieder zu unerfreulichen Entdeckungen kam, die zusätzliche und besonders herausfordernde Maßnahmen nötig machten. Man kann sagen, dass sowohl Rumpf als auch Teile der Tragflächen als Neubau im Laufe der Jahre in Handarbeit gefertigt wurden.
Es galt, viele technische und bürokratische Klippen zu umschiffen, mit Pro-Stimmen und solchen die sich gegen das Projekt wandten. Es muss einmal klar gesagt werden, dass das zehnjährige Projekt den Technikern und Ingenieuren vieles, auch technisches Neuland bei Überholungen von Teilen abgefordert hat. Begonnen mit ehemaligen Mitarbeitern, die die Connie-Zeit noch aktiv erlebten, deren Erfahrungen unerlässlich waren für die Lufthansa Technik, wurden die Arbeiten fortgesetzt mit den Aktiven der heutigen Zeit.
Ja, man kam bei diversen Problemen in Sackgassen, aber keine dieser Sackgassen führten zu einem Stopp der Restaurierung. Immer wurden Auswege und Lösungen gefunden, die die Sicherheit des Flugzeuges stärkten.
Dass solche Entwicklungen letztendlich mehr kosteten als ursprünglich veranlagt, wird niemanden wundern. Dass es nicht zu einem finanziellen Aus führte, ist dem unermüdlichen Sammeleifer von Personen gedankt, die es schafften außerhalb des Lufthansa-Engagements, Privatpersonen und große Firmen der Luftfahrtbranche zu motivieren, finanzielle und materielle Hilfen zur Verfügung zu stellen.
Der mögliche Flugbetrieb war eine Herausforderung
Die fliegerische Umsetzung des Betriebes einer Super Star Constellation war eine weitere Herausforderung, der sich im Flugbetrieb der Deutschen Lufthansa Berlin Stiftung, – unter deren Schirmherrschaft das Projekt in den ersten Jahren lief –, ein erfahrenes Team von neun Piloten, Flugingenieuren und einem Ingenieur, spezialisiert auf Cockpit-Anpassungen, widmete. Sie erarbeiteten bis 2012 eine Lösung der Umgestaltung beziehungsweise Umordnung der Cockpitinstrumente, die heutigen ergonomischen Anforderungen entspricht und weitgehend den optischen Eindruck des Oldtimer-Cockpits bewahrte. Mittels dieser Maßnahmen sollten aus ungünstiger Anordnung der Instrumente aufgetretene Arbeitsfehler in den Cockpits der 1950er Jahre vermieden werden. Eine Spende eines Instrumentenherstellers moderner Couleur führte dann zu einer, zeitweilig umstrittenen, nochmaligen Änderung der vorderen Instrumentengestaltung betreffs Flugführung, – einhergehend mit der Änderung aller bis dahin überarbeiteten Cockpitverfahren.
Erfolgreich verlief die Ausbildung der Lufthansa Crews mit vier Kapitänen und drei Flugingenieuren auf der cockpitgleichen Super Constellation L-1049 in diesen zehn Jahren. Erst die Zusammenarbeit mit den Schweizer und australischen Kollegen der SCFA und HARS sowie den Luftfahrtbehörden der beteiligten Länder ließ es zu, alle erforderlichen Lizenzen zu erwerben, über die Jahre des Projektes zu erhalten und die Flugerfahrungen zu vertiefen.
In vielen Ländern arbeiteten viele Menschen inzwischen mit Herzblut daran, dieses einzigartige Flugzeug wieder einsatzbereit zu machen. Die Einstellung des Projektes im März 2019 traf alle Beteiligten und Luftfahrtenthusiasten sehr! Der Fertigstellungsgrad betrug zirka 85 Prozent. Es soll aber nicht unter den Tisch gekehrt werden, dass es auf Seiten der Elektrik noch zahlreicher erforderlicher Anpassungen bedurfte. Die Entscheidung zum Stop des Projektes soll hier kein weiteres Thema sein. Die Verantwortlichen werden sich die Entscheidung gut überlegt haben. Der Stop war jedenfalls nicht bedingt in fehlenden technischen Lösungen oder flugbetrieblichen Problemen, wie mehrfach behauptet wurde.
Was geschah nach dem Projektstopp?
Auf Anweisung der Lufthansa wurde die Super Star Constellation vollständig demontiert, und alles wurde verpackt. Das Material sollte später 19 40-Fuß-Überseecontainer füllen, zuzüglich die Großteile wie Rumpf, Tragflächen und Leitwerke. Im Herbst 2019 wurde die Connie in Flughöhe Null von Auburn nach Portland gebracht, dort sorgsam auf einem eigens gecharterten Frachter nach Bremen verschifft. Nach vierwöchiger Reise angekommen, wurde sie im Bremer Hafen zunächst neben der dort schon eingelagerten Ju 52 der Lufthansa in einer Halle untergebracht. Später folgte ein weiterer Bodentransport in eine Halle des Paderborner Flughafens, wo sie weniger Luftfeuchtigkeit ausgesetzt war als in Bremen.
Ein Dornröschenschlaf schien zu folgen, da die Zukunft der Connie nicht absehbar war, – auch bedingt durch die wirtschaftlichen Folgen der Coronaperiode für den globalen Luftverkehr.
Im Oktober 2022 teilte anlässlich des Rollouts der ersten Lufthansa Boeing 787 der Vorsitzende der Lufthansa Group, Carsten Spohr, mit, dass Ju 52 und Super Star Constellation eine ihnen würdige Unterbringung bekommen sollten. Die Lufthansa feiert in 2026 ihr 100. Gründungsdatum. Im selben Jahr wird neben der Frankfurter Firmenzentrale ein neues Conference and Visitor Center der Lufthansa Group eröffnet, in dem beide Flugzeuge anläßlich des Jubiläums eine Dauerausstellung erhalten.
Damit endete die Ruhephase der Connie. Es stand für sie ein weiterer Bodentransport an uns zwar in die Hamburger Werft der Lufthansa-Technik. Erforderlich wurde dies, da sie zunächst wieder vollständig montiert und vorbereitet werden musste, um später in Frankfurt die Aufbauzeiten in der neuen Unterkunft möglichst kurz zu halten. Ein Team aus aktiven und ehemaligen Mitarbeitern der Lufthansa Technik ist seit Ende 2023, unter der Leitung des letzten Projektleiters in Auburn, zugange, die Connie zu vervollständigen.
Am 17. Januar 2025 gab es nun den jüngsten Meilenstein in der Geschichte des Projekts zu feiern: Noch nicht in endgültiger Lufthansa-Lackierung der 1950er Jahre, noch im dezenten Grün der Grundierung, erfolgte der Roll-out unter den Augen der Technikmitarbeiter und der Presse, um sie in einen anderen Hangar zu bringen.
Wer diese Zeilen bis hier gelesen hat, wird verstehen, welche Emotionen Beteiligte und Luftfahrtfans bei diesem Ereignis erfassen! Herzklopfen und Freude, dass nun eine „zweitschönste Lösung“ gefunden ist und die beiden symbolträchtigen Flugzeuge zukünftig in Frankfurt neben der Firmenzentrale der Lufthansa Group der Öffentlichkeit wieder zugängig gemacht werden. In einem Gebäude, das geschichtliche Vergangenheit bewahrt und in dem die Zukunft der Passagierluftfahrt durch Lufthansa weiter geschmiedet werden soll.
Bis dahin steht für die Super Star Constellation in diesem Jahr noch der Transport in eine Lackierhalle am Flughafen Münster-Osnabrück an, nachdem sie in Hamburg wieder in transportable Großteile zerlegt wurde. Anschließend tritt sie ihre letzte Reise an, um in Frankfurt in voller Schönheit und mit dem Kennzeichen D-ALAN endgültig aufgebaut zu werden. Dort wird sich die Ju 52 der Lufthansa, D-AQUI, zu ihr gesellen. Aerobuzz hatte darüber berichtet.
Auch wenn die beiden Flugzeuge nicht fliegen werden, – es ist Grund genug stolz auf ihre Wiederherstellung in diesen vortrefflichen Zustand zu sein und dass Lufthansa damit zu ihrem Jubiläum ihre Geschichte wieder erlebbar macht. Es wird zahlreiche Events geben, in die die Geschichte der Lufthansa eingebracht werden kann. „Mit der Vergangenheit in die Zukunft!“
Jan Frieben
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Dann abonnieren Sie doch unseren Newsletter!
Folgen Sie uns auf Bluesky
Liken Sie uns auf Facebook
Schon gelesen?
Die Lockheed L-1649 Constellation hat Paderborn wieder verlassen
Constellation-Restaurierung der Lufthansa kostete 150 Mio. Euro
Restaurierung der Schweizer Super Constellation ist gescheitert