Homepage » Berufe » Auf einen Kaffee mit Roman Weller

Unser Autor wollte den originellen Flugzeugbauer und „Vater“ des ULI V3 Rebell schon länger kennenlernen. Jetzt hat er ihn einfach mal besucht.

21.04.2025

Roman Weller und sein wichtigster Rohstoff: Stahlrohre. © Meiko Haselhorst

„Ihr seid ja auf die Minute pünktlich“, sagt Roman Weller und hält uns die Hand zur Begrüßung hin. „Wie lange seid ihr gefahren? Fast sieben Stunden? Im Stau gestanden? Um Gottes Willen! Dann trinken wir jetzt erst mal einen Kaffee. Meine Frau hat schon den Tisch gedeckt.“  Ein paar Minuten später sitzen wir im kühlen Schatten einer Schuppenwand in Wellers Garten und lassen uns Marmorkuchen und Kaffee schmecken. Sympathischer könnte ein erstes Kennenlernen kaum verlaufen.

Autor Meiko Haselhorst (v.l.), Flugzeugbauer Roman Weller und seine Frau Ute. Auf dem Tisch: Kaffee, Kuchen und Konstruktionszeichnungen. © Kevin Damm

Ein paar Wochen zuvor hatte ich Roman Weller eine E-Mail geschrieben und gefragt, ob man vielleicht mal vorbeikommen und einen Blick in jene berühmte Werkstatt werfen könnte, in der seit Jahren der wunderschöne „ULI V3 Rebell“ entsteht. Weller hatte umgehend geantwortet. „Alles kein Problem.“ Ein Termin war ebenfalls schnell gefunden. „Ich bin fast immer in der Werkstatt“, hatte er noch geschrieben.

An einem Samstagmorgen um sieben mache ich mich von Bielefeld aus auf den Weg. Ein Freund ist auch dabei. Sieben Stunden später – ein Stau hat uns viel Zeit gekostet – steigen wir in Bibersfeld/Schwäbisch Hall aus dem Campingbus. In einem Gebäude mitten im idyllischen Ort dudelt bayerische Volksmusik. Roman Weller ist in der Werkstatt – wo sonst? Er sitzt an einem Tisch und schweißt. In einer preisgekrönten Reportage des SWR („Wie man ein Flugzeug baut“) hatte er mal erklärt, dass er diese Musik während der Arbeit häufig höre. Zur Entspannung. Vor allem dann, wenn’s etwas eintönig werde. „Hallo!“, ruft er, ohne den Blick von seiner Arbeit abzuwenden. „Bin gleich bei euch.“

Die Weller V3 Rebell von Roman Weller hat ein Leergewicht von 120 Kilogramm und ein maximales Abfluggewicht von 250 Kilogramm. © Weller Flugzeugbau

Und dann ist er auch schon bei uns. Und seine Frau Ute gleich mit. Ihr Akzent ist deutlich vom Schwäbisch ihres Mannes zu unterscheiden. Geradezu vertraut für unsere Ohren. „Ich komme aus dem Sauerland“, sagt sie und lacht. Gelacht wird hier ohnehin viel. Roman Weller kann lustige Geschichten erzählen, vor allem aus Kindheits- und Jugendtagen. Von verbuddelten Grammophon-Motoren in Pastoren-Gärten und Auseinandersetzungen mit dem Vater. Von missglückten Konstruktionen und missglückten Landungen. Von technischen Problemen und schlaflosen Nächten. Aber auch von seinen Erlebnissen als Taucher in Diensten der DLRG – der noch nasse Neopren-Anzug hängt vor der Werkstatt in der Sonne. Das macht er also auch noch. So ganz nebenbei.

Auch ein Rebell braucht seine Zeit

„Ihr wolltet doch die Werkstatt sehen“, sagt er, als die Kaffeekanne leer ist. Auf geht’s. Schöne Flugzeuge zu bauen, sei eine tolle Sache, sagt der gelernte Schlosser zwischen Regalen voller Stahlrohr und halbfertigen Rümpfen. Um Geld zu verdienen, übernehme er aber – so ganz nebenbei – noch jede Menge andere Aufträge. „Zum Beispiel für die Bundeswehr“, sagt er unter Verweis auf besagte Schweißarbeit. In weiteren Kisten liegen weitere Flugzeugteile made by Weller. „Das wird alles gut bezahlt, so etwas kann man schlecht ablehnen“, sagt der Flugzeugbauer und zuckt mit den Schultern. Auf einen Rebell müssen Besteller daher schon mal um die fünf Jahre warten.

Könnte man denn nicht ein paar fähige Leute einstellen, damit’s schneller geht? „Ich hatte schon mal ein paar junge Mitarbeiter, aber die konnten mit meiner bayerischen Musik nichts anfangen und haben immer nur Techno gehört“, erzählt Weller und zeigt lachend auf seinen alten blauen CD-Player an der Wand. Das habe ihn irgendwann wirklich wahnsinnig gemacht. Jetzt „schaffe“ er wieder alleine – und das sei gut so.

„Wollt ihr euch noch den Blériot-Eindecker angucken?“, fragt der 66-Jährige. Blériot-Eindecker? Aber natürlich! Hinter der Werkstatt liegt eine Wiese voller Löwenzahn. Ein Bächlein plätschert hindurch. Weller schiebt die Holztore eines Nebengebäudes auf. Und tatsächlich: Da steht er, der Nachbau jenes berühmten französischen Fliegers, der 1909 den Ärmelkanal überquerte. Eigentlich ist es nur der Rumpf. Die Tragflächen sind abmontiert – die Platzverhältnisse lassen es nicht anders zu. Trotzdem beeindruckend. Mein Kumpel muss gleich hineinklettern und sich ans Steuer setzen. „Wenn Dorffest ist, holen wir die Maschine manchmal raus und stellen sie auf die Wiese hinterm Haus“, sagt Weller. Vor allem für die Kinder sei das eine tolle Sache.

Der Kumpel des Autors bei der Sitzprobe im nachgebauten Blériot-Eindecker. © Meiko Haselhorst

Freimütig erzählt er von den kleinen technischen Tricks und Kniffen, die ihm zuweilen nachts im Bett einfallen – auch beim Blériot-Eindecker. Man möchte ihm noch viel länger zuhören – obwohl man als Ostwestfale wirklich die Ohren spitzen muss, um alles zu verstehen. Aber da wir zum Sonnenuntergang auf der Wasserkuppe sein wollen, müssen wir nun leider wieder los.

„Ich müsste noch ein bisschen Kühlwasser nachfüllen“, sage ich und zeige auf meinen alten T4, der seit ein paar Wochen etwas undicht ist. Ich öffne die Motorhaube und staune: Der Kühlwasserbehälter ist noch genauso voll wie am Morgen. Hat sich offenbar von selbst repariert. Oder hat Roman Weller das vielleicht auch noch erledigt? So ganz nebenbei. Zuzutrauen wär’s ihm.

Meiko Haselhorst

 

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Über Meiko Haselhorst

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Meiko Haselhorst (Jahrgang 1974) wollte als Kind immer Pilot werden. Doch es kam anders: Er wurde Tischler, später Redakteur einer Tageszeitung – und arbeitet heute als freiberuflicher Journalist. Seine immer noch vorhandene Leidenschaft für Flugzeuge und fürs Fliegen lebt der Vater von zwei Töchtern nun auf Reisen, in der Literatur und an der Tastatur aus. Der Pilotentraum ist aber noch nicht ganz ausgeträumt....

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