Das Unternehmen Istari Digital aus Arlington im US-Bundesstaat Virginia will mit einem modifizierten digitalen Zwilling des unbemannten Forschungsflugzeugs X-56A der Lockheed Martin-Tochter Skunk Works Neuland betreten: Das Unternehmen schickt sich an, den digitalen Zwilling der X-56A unter dem Namen Flyer Øne als weltweit erstes Flugzeug komplett digital zuzulassen – und zwar, noch vor dem Bau des physischen Fluggeräts.
2023 hatte die US Air Force an Istari Digital einen 19 Millionen US-Dollar schweren Auftrag vergeben, um dieses digitale Zulassungsprogramm umzusetzen. Das Programm soll den Maßstab für künftige Zulassungsprogramme bilden und die Fortschritte in der Digitalisierung und Software-Entwicklung widerspiegeln.
Will Roper, der Gründer und Hauptgeschäftsführer (CEO) von Istari Digital, sagte: „Während die digitale Zertifizierung in Branchen wie der Formel 1 Routine ist, ist sie in der Luftfahrt ein Novum. Es ist nicht so futuristisch, wie es klingt. Wenn bei einer neuen Flugzeugvariante die Struktur und die Flugdynamik genau simuliert werden können, werden physische Prototypen zur Überholspur. Hardware als Software ist die Überholspur.“
Skunk Works hat die X-56A entwickelt
Die Lockheed Martin-Innovationsschmiede Skunk Works hat die X-56A seit 2005 entwickelt. Sie ist ein modular aufgebautes, unbemanntes Luftfahrzeug, mit dem die Grenzen des Langstreckenflugs in großer Höhe verschoben werden sollen. Der Rumpf der X-56A ist nur 2,26 Meter lang und verfügt über eine Spannweite von 8,38 Meter. Das unbemannte X-Flugzeug flog im Sommer 2013 erstmalig. Mit dem Flugzeug wollte Lockheed Martin vor allem Werkzeuge zum Flatterverhalten entwickeln. Wenn Konstrukteure vorhersagen können, wann Flattern auftritt, können sie auch Maßnahmen zur Unterdrückung des Flatterns entwickeln. Das X-56A-Programm erzielte nach Angaben von Istari Digital bedeutende Fortschritte bei der Flugsteuerung und zeigte die Fähigkeit, das Flattern des Fluggeräts durch die Entwicklung schlanker, flexibler Flügel zu unterdrücken.
Istari Digital hat das Fahrwerk und die Kameras von Flyer Øne modifiziert und befasst sich auch mit Fragen der Obsoleszenz der Konstruktion. Ziel des Programms ist es, den digitalen Zwilling durch die strenge militärische Zulassung zu bringen. Erst vor kurzem haben Istari Digital und Skunk Works den wichtigen Programm-Meilenstein der kritischen Entwurfsüberprüfung (CDR) erfolgreich hinter sich gebracht.
Sobald die Zulassung erteilt ist, wird das „Flugzeug auf einem Chip“ gemäß den Spezifikationen gebaut und auf der Edwards Air Force Base im US-Bundesstaat Kalifornien geflogen. Wenn der physische Zwilling mit dem digitalen Modell übereinstimmt, können künftige Zulassungsprozesse dramatisch beschleunigt werden. Künftige Konstruktionen könnten dann mit Hilfe von Softwareprozessen schnell aktualisiert und weiterentwickelt werden, so Istari Digital.
Volker K. Thomalla
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