Das Future Combat Air System (FCAS), das von Deutschland, Frankreich und Spanien gemeinsam als neues Luftverteidigungssystem entwickelt werden soll, kommt nicht in dem gewünschten Tempo voran, auch weil die Industriepartner sich nicht einig sind – und immer weniger Willen zu Kompromissen zeigen. Nirgendwo wurde dies deutlicher als auf der Paris Air Show im Juni. Dort stand im wahrsten Sinne des Wortes ein 1:1-Modell des FCAS-Fighters im Abseits des Static Displays. Es gab keine Informationstafeln und – im Gegensatz zu allen anderen Exponaten – auch keine Fahnen rund um das Modell. FCAS scheint derzeit bei den Industriepartnern ein ungeliebtes Kind zu sein, mit dem man sich nicht gerne zeigt. Das ist alles andere als eine gute Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt. Dabei dürfte allen Beteiligten klar sein, dass nur eine faire und sinnvolle Aufteilung FCAS auch zu einem erfolgreichen Programm machen kann. Das Projekt ist viel zu komplex und zu teuer, als dass es eine der beteiligten Nationen alleine stemmen könnte.
Bei dem Projekt der europäischen Aufklärungsdrohne Eurodrone, für die nach einer mehrjährigen Definitionsphase Anfang 2022 ein Entwicklungs- und Beschaffungsvertrag mit der europäischen Rüstungsbeschaffungsbehörde OCCAR geschlossen wurde, knirscht es ebenfalls deutlich. Die Anzeichen mehren sich, dass Frankreich aus dem Gesamtprojekt aussteigen wird, obwohl Dassault Aviation einer der vier großen Unterauftragnehmer des Projekts ist. Die französische Zeitung La Tribune berichtet, dass Frankreich die Partner gebeten hat, die möglichen Konsequenzen eines Ausstiegs zu prüfen.
Die Streitkräfte benötigen Aufklärungsdrohnen
An der Notwendigkeit der Beschaffung einer MALE-Drohne (Medium Altitude, Long Endurance) für die Aufklärung, Überwachung, aber auch für Kampfeinsätze, besteht für keinen der Partner ein Zweifel. Eurodrone soll ja auch als Komponente in das FCAS-System eingebettet werden.
Ein weiteres Indiz für einen möglichen Ausstieg: Die französische Rüstungsbeschaffungsbehörde DGA (Direction générale de l’armement) hat gerade an fünf französische Firmen Projektaufträge für eine MALE-Drohne vergeben, darunter sind auch Daher mit einer Drohnen-Version der TBM-Turboprop-Familie und AURA AERO mit der auf der Paris Air Show vorgestellten ENBATA-Drohne. Dass dies nur eine Drohgebärde in Richtung der europäischen Industriepartner sein soll, um bessere Bedingungen für sich herauszuholen, ist zu bezweifeln. Frankreich ist wirtschaftlich und technologisch in der Lage, eine MALE-Drohne allein zu entwickeln und meint es mit dem Ausstieg ernst. Das Land braucht für ein solches Projekt – im Gegensatz zu FCAS – keine Partner.
Eine Entscheidung über einen möglichen Ausstieg aus dem Eurodrone-Projekt wird es vor den französischen Sommerferien sicher nicht geben, aber schon im Herbst könnte es sein, dass es nur noch drei Eurodrone-Partnernationen gibt. Auch wenn die drei dann verbliebenen Nationen das Projekt problemlos allein realisieren können, wäre es dennoch ein Rückschritt für Europa, vor allem auch angesichts der Tatsache, dass eine engere Kooperation der Europäer angesichts der Bedrohung aus Russland und des Desinteresses der Vereinigten Staaten an Europa dringend geboten ist.
Volker K. Thomalla
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