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In einem alten Pappkarton stößt unser Autor auf ein Heft von 1981. Eine Anzeige der „Deutschen Luftverkehrsgesellschaft“ macht ihn stutzig – und lässt ihn recherchieren.

2.05.2024

Diese auffällig lackierte Hawker Siddeley HS 748 erregte vor gut 40 Jahren viel Aufsehen – und unlängst die Aufmerksamkeit des Autoren. © Meiko Haselhorst

Der Schriftzug DLT sagte mir wohl noch was. „Deutsche Luftverkehrsgesellschaft“. Besonders die guten alten Fokker F27„Friendship“ im Quasi-Lufthansa-Look waren mir aus meinen Kindheitstagen und von diversen Flughäfen der Region noch in lebendiger Erinnerung. Aber neulich stutzte ich dann doch: Ich hatte ein paar Kartons mit alten Büchern und Heften aus meinem Elternhaus abgeholt. „Sonst schmeiß ich die weg!“, hatte meine Mutter gedroht. Bloß nicht! In einer dieser Kisten fand ich ein kleines Heft von 1981, das ich mit meinem Vater zu eben jener Zeit am Frankfurter Flughafen gekauft hatte – für zwei Mark. Vorne drauf: eine Boeing 727, die in geringer Höhe über dem „Jumbo-Bahnhof Frankfurt Rhein-Main“ kurvt. Im Heft: allerhand Wissenswertes über den Frankfurter Flughafen der damaligen Zeit – ein echter Trip in die Vergangenheit. Aber das Interessanteste befand sich auf der Rückseite: eine Anzeige der DLT. Im Bild: eine knallrote Propellermaschine.

„Haben die auch Krankentransporte oder so was gemacht?“, fragte ich mich. „Das ist vielleicht ein Feuerwehrflugzeug!“, mutmaßte meine vierjährige Tochter, die mir beim Stöbern Gesellschaft leistete. Ich wurde neugierig und begann im Internet zu forschen.

Die OLT wurde in Emden gegründet

Dort erfuhr ich zunächst etwas zu den Anfängen der OLT („Ostfriesische Lufttaxi“). Die Mini-Fluggesellschaft war im Jahr 1958 in Emden an den Start gegangen. „Mit fünf Mitarbeitern für einen meist reibungslosen Inselflugverkehr“, heißt es in einem launigen Beitrag im Netz. Die Mitarbeiter seien die beiden Gründer Martin Dekker und Jan Janssen, eine Allround-Kollegin und zwei Schafe gewesen, die die damals noch unbefestigte Piste des Emdener Flugplatzes kurzhielten.

In den 70er Jahren, so las ich weiter, wurde aus der OLT die DLT, man übernahm die ersten Flüge für die Lufthansa, größere Flugzeuge ließen nicht mehr lange auf sich warten – ab 1981 waren es auch einige Hawker Siddeley HS 748 mit 44 Plätzen. Als besonderen Clou ließen die DLT-Chefs diese neuen Aushängeschilder komplett in Rot lackieren. Auf den Vorfeldern der Flughäfen und am Himmel seien die Flugzeuge ein echter Hingucker gewesen. Ihr damaliger Bekanntheitsgrad, so heißt es, sei mit dem des heutigen Condor-Streifenlooks vergleichbar gewesen – und unter den Luftfahrtfans damals ebenso leidenschaftlich wie kontrovers diskutiert worden. Die Marketing-Abteilung der Lufthansa soll den DLT-Alleingang nicht so witzig gefunden haben.

Passagiere empörten sich über das Flugzeug

Wer ein bisschen sucht, findet im Internet auch noch eine nachträglich digitalisierte Reportage des „Spiegel“ vom 19. April 1981. Dort heißt es, dass einige DLT-Fluggäste am Hamburger Flughafen geradezu empört reagierten, als sie erfuhren, dass sie nun mit dieser roten „Klapperkiste“ nach Köln fliegen sollten. Allein schon die Tatsache, dass es sich um eine Propellermaschine handelte… aber dann auch noch in dieser Farbe – eine absolute Frechheit!

Wenig später war dann auch schon wieder Schluss mit lustig: Nach weiteren Verhandlungen und noch mehr Kooperation mit der Lufthansa wurde die knallig-rote Bemalung der HS 748 durch eine blau-weiß-graue ersetzt. Schön seriös, wie die Lufthansa. Und noch ein knappes Jahrzehnt weiter, im März 1992, wurde dann auch der Schriftzug ausgetauscht – statt DLT prangte nun „Lufthansa CityLine“ auf den Fliegern. Die „Deutsche Luftverkehrsgesellschaft“ war damit Geschichte.

„Dann konnten die Leute mit diesem roten Flugzeug so richtig in den Urlaub fliegen?“, wollte meine Tochter nach meiner kurzen Recherche wissen und tippte mit dem Finger noch mal auf die Anzeige auf der Rückseite des Heftes. „Ja“, sagte ich. „Aber so richtig weit weg ging es damit nicht.“ Meine Tochter würde gerne so richtig weit weg fliegen, am liebsten auf die Kanaren – und am besten in einem bunten Flugzeug. Vielleicht klopfen wir mal bei der Fluggesellschaft mit dem Streifenlook an…solange sie den noch tragen darf…

Meiko Haselhorst

 

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Über Meiko Haselhorst

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Meiko Haselhorst wollte als Kind immer Pilot werden. Doch es kam anders: Er wurde Tischler, später Redakteur einer Tageszeitung – und arbeitet heute als freiberuflicher Journalist. Seine immer noch vorhandene Leidenschaft für Flugzege und fürs Fliegen lebt der zweifache Vater zuweilen auf Reisen und an der Tastatur aus.

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