Mit der sprichwörtlichen Schweizer Präzision hat Pilatus Aircraft die Entwicklung, die Konstruktion, den Bau und die Zulassung ihres ersten Geschäftsreisejets Pilatus PC-24 durchgezogen. Als der von zwei Williams FJ44-Turbofans angetriebene „Super Versatile Jet“ im Mai 2013 auf der EBACE in Genf erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, prognostizierte der Verwaltungsratsvorsitzende Oscar J. Schwenk eine Zertifizierung des Flugzeugs und eine Übergabe der ersten PC-24 an einen Kunden im Jahr 2017.
Pilatus hat den Zeitplan präzise eingehalten
Gestern, am 7. Dezember 2017, haben Vertreter der europäischen Flugsicherheitsagentur EASA und der US-Luftfahrtbehörde FAA die begehrten Zulassungsurkunden an Pilatus überreicht. Oscar J. Schwenk sagte gestern bei der Überreichung der Musterzulassung: „Der PC-24 ist der erste Business Jet von Pilatus. Die Anforderungen, ein solches Flugzeug zu zertifizieren, sind heute extrem hoch und stellten natürlich aus uns vor große Herausforderungen. Wir haben im Jahr 2013 gesagt, dass wir das PC-24-Entwicklungsprojekt im Jahr 2017 abschließen werden. Und jetzt haben wir es so kurz vor Jahresende geschafft.“
Über 2.200 Stunden Flugerprobung
Der Zulassung vorausgegangen war eine 2.205 Flugstunden umfassende Flugerprobung, in die drei Prototypen (HB-VXA, HB-VXB und HB-VSA) involviert waren. Dabei stellte sich heraus, dass die Pilatus-Konstrukteure und -Ingenieure gut gerechnet haben, denn alle garantierten Leistungsdaten wurden erreicht oder übertroffen. Die Maximalgeschwindigkeit der PC-24 liegt bei 440 Knoten, die Reichweite bei 2.035 nautischen Meilen (3.769 Kilometer) und die Startstrecke bei nur 856 Meter. Vertraglich vereinbart war eine Geschwindigkeit von 425 Knoten.
Drei Prototypen haben das Erprobungsprogramm für die Musterzulassung absolviert. © Pilatus Aircraft
Pilatus wollte mit der PC-24 kein Flugzeug wie jedes andere schaffen. Das Segment der leichten Business Jets ist mit einer großen Typenvielfalt gut besetzt. Deswegen hat sich der Hersteller vor Beginn der Entwicklung 2008 mit Kunden zusammengesetzt, um zu hören, welche Art von Jet sie benötigen. Sie wollten vor allem ein Flugzeug, das ähnlich flexibel einsetzbar ist wie die Turboprop-Single PC-12. Pilatus hat deswegen ein „Super Versatile Jet“ entwickelt, der beispielsweise über eine große Frachttür im hinteren Rumpfsegment verfügt. Dies erlaubt eine schnelle Beladung des Flugzeugs und einen einfachen Wechsel der Konfiguration der Kabine.
Das Cockpit der PC-24 wurde von Honeywell entwickelt. © Pilatus Aircraft
Das Williams FJ44-Triebwerk verfügt über einen Modus, in dem es als Hilfsgasturbine (APU) laufen kann. Dies spart das Gewicht einer APU und macht das Flugzeug trotzdem unabhängig von Bodengeräten. Im Cockpit finden Piloten ein für das Flugzeug maßgeschneidertes Avionikpaket ACE (Advanced Cockpit Environment), das Honeywell Aerospace für Pilatus entwickelt hat. Mit Synthetic Vision, Autothrottle, TCAS und LPV-Guidance lässt die Avionik-Ausstattung des Musters keine Wünsche offen.
Außerdem ist der zweistrahligen Jet für den Betrieb auf unvorbereiteten Pisten ausgelegt. Damit eröffnen sich für die PC-24 Märkte, die anderen Jets verschlossen sind.
Die Erprobung der PC-24 auf überfluteter Runway gehörte zu den spektakulärsten Tests des Zulassungsprogramms. © Pilatus Aircraft
Pilatus Aircraft hat rund 500 Millionen Schweizer Franken eigene Mittel in das Programm investiert. Zusätzlich hat der Hersteller 150 Millionen Franken in Gebäude und Maschinen am Stammsitz in Stans gesteckt. In den USA errichtet Pilatus ein Completion Center für das neue Muster, da die Vereinigten Staaten der größte Einzelmarkt für die PC-24 sind.
Der Erstkunde PlaneSense aus den USA erhält das erste Serienflugzeug (Kennzeichen N124AF) noch in diesem Monat. Es wird im Januar 2018 überführt und vor Ort in den USA mit einer feierlichen Zeremonie dort offiziell an das Fractional-Ownership-Unternehmen übergeben. Acht weitere Serienflugzeuge stehen in Stans in der Endmontage. 2018 will der Hersteller insgesamt 23 PC-24 ausliefern.
Die Kabine der PC-24 bietet verschiedene Optionen für die Inneneinrichtung. © Pilatus Aircraft
Pilatus hatte das Auftragsbuch für den neuen Business Jet nach nur zwei Tagen und 84 Festbestellungen wieder geschlossen. Erst nächsten Jahr will der Hersteller, so sagte ein Vertreter auf Anfrage von Aerobuzz.de, darüber informieren, wann es wieder geöffnet wird.
Volker K. Thomalla
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