Der traditionsreiche Helikopterhersteller Bell hatte vor einem Jahr seinen Namen von Bell Helicopter Textron in Bell geändert, um zu unterstreichen, dass er sich nicht mehr als reiner Helikopterhersteller sieht, sondern als ganzheitlicher Anbieter von Mobilitätslösungen. Auf der Heli-Expo in Atlanta in dieser Woche wurde diese Strategie noch einmal deutlich dargestellt, denn nicht traditionelle Hubschrauber, sondern das Air Taxi-Konzept Bell Nexus nahmen den meisten Raum auf dem Bell-Stand im Georgia World Congress Center ein.
Bell Nexus auf der Heli-Expo
Die Vorführungen auf der Heli-Expo 2019, bei der die Rotorgondeln der Bell Nexus von der Waagrechten in die Senkrechte gedreht wurden, waren stets gut besucht. © V. K. Thomalla
Das Mock-up des autonomen Fluggeräts Bell Nexus war stets umlagert, da Bell den Messebesuchern ermöglichte, sich in die Kabine des futuristischen, von sechs Elektromotoren angetriebenen Fluggeräts zu setzen. Außerdem demonstrierte der Hersteller, wie Nexus seine sechs ummantelten Antriebseinheiten von der Horizontalen in die Vertikale schwenkt und so vom Senkrechtstarter zu einem konventionell fliegenden Fluggerät mutiert (siehe Video).
Bell arbeitet bei Nexus mit mehreren Industriepartnern zusammen, sagte Scott Drennan, Vorstandsmitglied für Innovation bei Bell. „Unsere Industrie verändert sich wie nie zuvor seit dem Beginn des Jet-Zeitalters“, sagte er in Atlanta. „Es ist keine Frage, ob Air Taxis wie Nexus kommen, sondern nur eine Frage wann.“
Das hybrid-elektrische Antriebssystem für Nexus steuert der französische Technologiekonzern Safran bei, die Rechner für die Flugsteuerung stammen von Thales, während Garmin International die Avionik und die Flugsteuerungscomputer integriert. Das US-Unternehmen Moog entwickelt die Aktuatoren des Antriebssystems und die dazugehörigen Systeme, und EPS liefert die Energiespeicher.
Sechs ummantelte Rotoren
Die sechs ummantelten Rotoren werden jeweils von einem Elektromotor angetrieben. Das schwenkbare Antriebssystem soll Nexus bei einer Reisegeschwindigkeit von 130 Knoten (241 km/h) eine Flugdauer von bis zu einer Stunde ermöglichen. Bell will das Fluggerät zunächst bemannt anbieten, um Erfahrungen zu sammeln, aber es ist von Beginn an bereits für den autonomen Flugbetrieb ausgelegt. Neben einem Piloten sollen zunächst vier Passagiere in Nexus Platz finden. Bei autonomen Betrieb kann ein weiterer Fluggast auf dem Pilotensitz Platz nehmen.
Nexus ist kein kleines Fluggerät, davon konnten sich die Heli-Expo-Besucher überzeugen. Scott Drennan schätzt die Abflugmasse von Nexus auf „zwischen 6.000 und 7.000 lbs“ (2.720 bis 3.170 Kilogramm), davon entfallen bis zu 1.000 lbs (450 Kilogramm) auf die Nutzlast.
Der Zeitplan sieht eine Indienststellung von Nexus Mitte der 2020er Jahre vor. Dazu muss aber alles nach Plan laufen. Unter anderem gibt es noch keine Bauvorschriften und keine gesetzlichen Grundlagen für den kommerziellen Passagiertransport mit autonom fliegenden Fluggeräten.
Neben dem Passagiertransport sieht der Hersteller Nexus auch in der Materiallogistik sinnvoll eingesetzt. Dort könnte das Fluggerät völlig autonom als eigenes Frachtsystem fliegen, das autonom be- und entladen wird und den Transport von Waren in einem Umkreis von 200 Kilometern revolutioniert.
Volker K. Thomalla
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