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Von der Pferdekoppel ins Cockpit: Helikopterpilotin Sabine Bühlmann

In Teilzeit macht die 48-jährige Hubschrauberpilotin Sabine Bühlmann Fotoflüge und Pipeline-Kontrollflüge für die S.P. Luftbild GmbH in Dattenberg bei Linz am Rhein. 50 bis 75 Prozent einer vollen Stelle umfasst ihr Teilzeitjob. Wie viel es wirklich ist, hängt von der Saison ab. Fotoflüge macht sie in den neuen Bundesländern, Pipeline-Kontrollflüge in ganz Deutschland. Im Interview mit Aerobuzz.de berichtet Sabine Bühlmann, wie sie als Frau ins Hubschrauber-Geschäft eingestiegen ist und gibt Einblicke in ihren Joballtag.  Das Interview führte Heiko Link.

5.03.2023

Pipeline-Überwachungsflüge gehören zum Aufgabenbereich von Helikoptercrews. Dabei fliegen die Hubschrauber auch in niedriger Höhe. © Sabine Bühlmann

Aerobuzz: Was sind die drei wichtigsten Tätigkeiten einer Hubschrauberpilotin?

Sabine Bühlmann: Als Erstes natürlich die praktische Flugdurchführung als Pilot in Command. Wozu bei uns auch gehört, dass der Pilot den Funk macht. Bei Pipeline-Kontrollflügen sind wir zu zweit und wechseln uns ab. Deswegen bin ich da auch mal Beobachter. Bei Fotoflügen tausche ich mit dem Fotografen natürlich nicht. *lacht* Bei den Pipelineflügen brauche ich ein gutes Auge, weil wir in der Regel Gaspipelines kontrollieren, die unterirdisch verleget sind. Wir gucken von oben, ob gemeldete oder nicht gemeldete Tiefbauarbeiten in der Nähe der Pipeline stattfinden und dokumentieren zum Beispiel einen Bagger in der Nähe der Pipeline per Foto und GPS-Marke. Damit verhindern wir, dass bei Bauarbeiten Schäden an den Pipelines entstehen.

Hubschrauberpilotin Sabine Bühlmann

Dann muss ich meine Flüge natürlich vorbereiten bevor es los gehen kann. Zur Flugvorbereitung gehören Streckenplanung, Flugwetter, NOTAMs, Mass & Balance und Risikobeurteilung. Bei der Streckenplanung muss ich je nach Auftrag zum Beispiel Durchflüge durch Kontrollzonen planen oder Sperrgebiete umfliegen.

Die Dokumentation bei der Nachbereitung der Flüge ist auch immer viel Arbeit, weil es mit dem Aufschreiben der Flugzeiten natürlich nicht getan ist. Ich muss auch festhalten, wie viel ich wo getankt habe und wenn ich Öl nachgefüllt habe, dann muss ich den Vorrat wieder auffüllen. Außerdem wird nach jedem Flug die Laufzeit des Hubschraubers im TechLog dokumentiert und geht an den technischen Flugbetrieb, damit zum Beispiel Wartungsintervalle im Auge behalten werden.

Wie bist Du auf die Idee gekommen, Hubschrauberpilotin zu werden?

Bühlmann: Meine erste Erfahrung mit Hubschraubern war, ehrlich gesagt, nicht so schön. Als ich 25 Jahre alt war, habe ich einen Hubschrauber, der in Wadersloh Rundflüge machte, dicht über einer Pferdekoppel fliegen sehen. Als Pferdebesitzerin hatte ich natürlich Sorge, dass er die Tiere erschrecken könnte. Gleichzeitig fand ich es aber auch ganz faszinierend, dass der Pilot immer wieder punktgenau auf dem kleinen Landeplatz bei uns im Dorf landen konnte. Deswegen bin ich hin, um ihn auszufragen, wie das technisch funktioniert. Die Erklärung, die ich in der Tankpause bekam, war allerdings nicht so aussagekräftig. Ich bekam das Angebot mitzufliegen. Da hatte ich auch erst wieder Bedenken, weil ich nicht so gerne Karussell fahre und es für mich doch so ein bisschen wie Karussell aussah. Darum habe ich mir erstmal bei ein paar Flügen angeguckt, wie die anderen Gäste aussteigen. Weil die alle einen ganz fröhlichen Eindruck machten, bin ich mitgeflogen. Dieser erste Flug hat bei mir sofort die Faszination geweckt.

Wie sicher warst Du Dir, dass der Beruf Hubschrauberpilotin eine gute Idee ist?

Bühlmann: Nach dem ersten Flug war ich von dem Gedanken, selbst Helikopter zu fliegen nicht mehr abzubringen. Ob das für einen Beruf reichen würde, war mir zu Anfang aber nicht klar. Ich wusste ja nicht mal, wie ich den Privatpilotenschein finanzieren sollte, geschweige denn den Berufspilotenschein. Ich habe die Fliegerei dann über Jahre privat nebenbei verfolgt und fast meine gesamte Freizeit ins Fliegen gesteckt. Die Idee, Hubschrauber zu fliegen, fand ich aber während der ganzen Zeit immer gut und finde das auch heute noch. Was Besseres als dieser Beruf kann mir gar nicht passieren.

Wie bist Du an Deinen jetzigen Job gekommen?

Bühlmann: Erstmal habe ich mir das Geld für die Flugscheine mit den kaufmännischen Jobs und mit einer selbständigen Tätigkeit verdient, die ich hatte, bevor ich Pilotin wurde. Dann habe ich als Freelancer gearbeitet und war darüber jahrelang mit meinem jetzigen Arbeitgeber verbunden. An den Freelance-Job bin ich gekommen, weil ich viele Jahre alle möglichen Ferryflüge für die S. P. Luftbild GmbH, aber auch für andere Unternehmen und Privatleute gemacht habe. Ich habe zum Beispiel Helikopter zur Wartung geflogen.

Was gefällt Dir am besten am Job?

Bühlmann: Das praktische Fliegen. Das finde ich immer noch gut. Und so ein bisschen auch, immer losgeschickt zu werden, zu irgendwelchen „Missions“. Damit meine ich Aufgaben mit einem praktischen Hintergrund, wie zum Beispiel ein paar Hundert Kilometer Pipeline abzufliegen oder schöne Luftbilder von Häusern zu machen, die wir den Besitzern anschließend verkaufen.

Was ist nicht so toll am Job?

Bühlmann:  Der Job ist natürlich alles, nur nicht familienfreundlich. Ich habe zwar keine Kinder, aber Eltern, Schwiegereltern und Pferde, um die ich mich privat kümmere. Da muss ich sehr flexibel sein und bin auf die Unterstützung durch meinen Mann angewiesen.

Bei den jungen Kollegen, die frisch anfangen, sehe ich, dass die zum Stundensammeln in ganz Europa flexibel sind und herumreisen. Das habe ich damals nicht gemacht, weil meine Situation schon so war, wie heute auch. Hätte ich das auch gemacht, dann wäre ich sicher schneller in dem Job gewesen.

Was ich auch nicht so schön finde, ist, dass wir im Sommer von Montag bis Samstag arbeiten. Wochenende ist da nicht.

Welche Veränderungen wird es in dem Beruf in den nächsten fünf Jahren geben?

Bühlmann: Das unterscheidet sich für Pipeline- und Fotoflug.

Ich denke, der Fotoflug wird sich auf Aufträge spezialisieren, die nur per Hubschrauber zu erledigen sind, wie zum Beispiel besondere Objekte oder Filme.

Beim Pipelineflug denke ich, dass er noch eine Weile so weitergehen wird, weil es in absehbarer Zeit keine kostengünstigeren oder grüneren Alternativen geben wird.

Grundsätzlich müssen Hubschrauberpiloten sich damit auseinandersetzen, dass die alten Hubschraubermuster ausrangiert werden und natürlich Neuerungen wie Glascockpits und weitere technische Veränderungen Einzug halten.

Welche Fähigkeiten müssen Hubschrauberpiloten mitbringen, um mit diesen Veränderungen gut klar zu kommen?

Bühlmann: Auf jeden Fall müssen sie flexibel sein. Damit meine ich, dass Piloten für neue Muster entsprechende Type-Ratings machen und sich in neue Bordtechnik einarbeiten müssen. Flexibel und spontan müssen Piloten wie ich natürlich auch terminlich sein. Das richtig schöne Wetter, um tolle Luftaufnahmen von Häusern zu machen, kannst Du vorher nicht planen …

Dürfen Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren Kontakt zu Dir aufnehmen?

Bühlmann: Ja, am liebsten nach Feierabend. Wer sich für diesen Beruf interessiert, schickt mir am Besten kurz eine Mail an meine private Adresse turbine369@gmail.com.

Heiko Link

 

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Über Heiko Link

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Heiko Link ist Journalist und Podcaster, der in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Seine bevorzugte Berichtsform ist die humorvolle Reportage, die er am liebsten über Flugzeug-Selbstbauer schreibt. Baugeschichten und technische Themen begeistern ihn in der Luftfahrt und auch am Boden, beim Hoch- und Tiefbau. Fliegerische Erfahrung hat der Ostwestfale als Drachen-, Gleitschirm- und UL-Pilot gesammelt.

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