Flugzeuge, Flugzeuge, Flugzeuge: Das US Air Force Museum auf der Wright Patterson Air Force Base in Dayton im US-Bundesstaat Ohio ist mit einer solchen Vielzahl von verschiedenen Fluggeräten – darunter eine große Anzahl von einzigartigen und historisch bedeutsamen Flugzeugen – gesegnet, dass man es kaum schafft, das Museum an einem einzigen Tag erschöpfend zu besichtigen.
Museum of the United States Air Force
Die Martin MB-2 war der erste in den USA entwickelte Bomber, der in größeren Stückzahlen gebaut wurde. Er kam ab 1920 zum Einsatz. © V. K. Thomalla
Das Museum feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen, obwohl die US Air Force in diesem Jahr erst ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Dieser Widerspruch lässt sich aber leicht aufklären, denn die US Air Force wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine eigene Teilstreitkraft und firmierte vorher als US Army Air Forces und stand unter dem Kommando der US-Armee. Das Museum widmete sich schon vor der Ausgliederung der US Air Force aus der US Army ausschließlich der militärischen Luftfahrt.
Das Museum besteht aus vier großen Hangars, richtig großen Hangars und einem Außengelände. In den riesigen Hallen sind Boeing B-52 Stratofortess, XB-70 Valkyrie und Boeing 707 und B-2 Spirit untergebracht, und trotzdem sind die Flugzeuge nicht eng geschachtelt, so dass die Besucher sie von allen Seiten besichtigen können und sich nicht durch enge Gänge quetschen müssen.
Vielfalt der Exponate beeindruckt
Doch nicht nur die Größe des Museums beeindruckt, sondern vor allem die Vielfalt und die Qualität der Exponate. Das Museum ist in Galerien gegliedert, die sich grob an Epochen orientieren. Sie heißen „The early years“ (Die frühen Jahren), „World War II“ (Zweiter Weltkrieg), „Korean War“ (Korea-Krieg), „War in South-East Asia“ (Vietnam-Krieg), Research and Development (Forschung und Entwicklung) und „Presidential Transport“ (Transport von Präsidenten). Dazwischen sind Sonderausstellungen wie beispielsweise eine sehr sehenswerte Ausstellung über die Berliner Luftbrücke inklusive Trümmerfrauen, jede Menge Schutt, einem Wetterradar vom Flughafen Tempelhof und vielen historischen Fotos.
Die Exponate werden alle von guten Erklärtafeln und Beschreibungen den Besuchern nahegebracht, in den historischen Kontext eingeordnet und mit Fakten gespickt, die selbst Enthusiasten überraschen. Beispiel gefällig? Da die US-Streitkräfte im Ersten Weltkrieg noch nicht über eigene Bomber verfügten, kauften sie vom italienischen Hersteller Caproni mehrmotorige Bomber, die sie auch in den USA in Lizenz fertigten. Weiteres Beispiel: Schon im Ersten Weltkrieg experimentierten Hersteller in den USA mit unbemannten Fluggeräten. Die Drohne mit dem Namen „Bug“ (Insekt) wurde von einem Katapultwagen auf einer kurzen Startschiene gestartet und flog dann automatisch auf ihr Ziel zu. Nach einer vorher eingestellten Zeit entstand ein Kurzschluss, der den Motor abstellte und einen Mechanismus in Gang setzte, der die Flügel kappte, so dass der Flugkörper auf einer ballistischen Flugbahn in sein Ziel flog, vorausgesetzt, die Bediener hatten den Wing vorher richtig erfasst und den Zeitschalter entsprechend eingestellt. Die Experimente führten allerdings damals noch nicht zu einem Auftrag für die Serienproduktion.
Die Drohne mit dem Namen Bug (Insekt) wurde bereits im Ersten Weltkrieg gebaut und erprobt. Sie kam allerdings nicht zum Einsatz. © V. K. Thomalla
Natürlich dient das Museum nicht nur der Dokumentation der Geschichte, sondern auch der Rekrutierung von Nachwuchs für die US-Streitkräfte. Entsprechend wird im Museum ausführlich die Entwicklung der verschiedenen Trainingsmethoden dargestellt. Auch wird nicht verschwiegen, wie lange es gedauert hat, bis Farbige und Frauen gleichberechtigt in den US-Streitkräften dienen durften.
Navigationstraining wurde erst in den späten Zwanziger Jahren von den Verantwortlichen der US Army Air Forces als eigenes Thema angesehen. Bis dahin folgten die Flugzeugbesatzungen einfach den Straßen und Eisenbahnlinien. Das endete dann in einem PR-Desaster, als die US Army zeigen wollte, dass sie auch Schiffe aus der Luft versenken konnte. Die Army-Piloten fanden das Schiff nicht, obwohl es nur wenige Meilen vor der US-Ostküste vor Anker lag. Navy-Piloten, die sich in der Gegend aufhielten, zeigten den Army-Piloten schließlich den Kurs zum Ziel. Da die Flugzeugtechnik in den Zwanziger Jahren enorme Fortschritte machte und die Reichweite der Flugzeuge immer größer wurde – Charles Lindbergh flog im Mai 1927 erstmalig mit einer Einmot über den Atlantik – gewann das Ausbildungsfach Navigation an Bedeutung. Die Flugzeuge mussten jetzt auch über größere Strecken über Wasser sicher geführt werden können. Diese ganzen Schritte in der Entwicklung der Ausbildung werden mit Flugzeugen, Ausbildungsgeräten und anderen Artefakten sehr gut dargestellt.
Im Zweiten Weltkrieg machte die Luftfahrt – und damit auch die spätere US Air Force – enorme Fortschritte, sowohl bei der Luftfahrt- als auch bei der Waffentechnik. Davon zeugen eine Vielzahl von verschiedenen Mustern, beginnend bei der Curtiss P-40, die zu Beginn des Zweiten Weltkriegs noch Standardjäger einige Alliierter Nationen war, über die A-36 Apache, Bristol Beaufighter, P-51 Mustang, P-61 Black Widow bis zur B-17 Flying Fortress, der C-46 und C-47 als Transportflugzeug und die B-29 Superfortress, mit der im August 1945 die beiden Atombomben auf Japan abgeworfen wurden. Alle diese US-Flugzeugtypen sind als Originalflugzeuge in Dayton ausgestellt.
Interessante Beuteflugzeuge zu sehen
Hinzu kommen aus dieser Epoche noch Beuteflugzeuge wie Me 262, Bf 109, Focke-Wulf Fw 190-D7, Aermacchi MC.200 Saetta, Mistubishi Zero, um nur einige zu nennen. Viele der Beuteflugzeuge wurden während und nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Wright-Patterson Air Force Base und auf umliegenden Flugplätzen erprobt.
Die Ära des Vietnam-Kriegs ist ebenfalls mit Flugzeugen repräsentiert, allen voran die Bell UH-1 Huey, von der über 7.700 Exemplare auf den Kriegsschauplatz in Südostasien geliefert wurden. Insgesamt hat Bell (und Lizenznehmer) über 16.000 UH-1 gebaut. Natürlich dürfen die Fighter der Century-Serie aus dieser Zeit, F-100, F-101, F-102, F-104, F-105 nicht fehlen. Auch die F-4 Phantom II wird sehr prominent präsentiert. Daneben gibt es aber auch Darstellungen von weniger prominenten Mustern wie der RB-66, mit der feindliche Radarstellungen elektronisch aufgeklärt und geblendet wurden oder der Beechcraft QU-22, einer aus der Bonanza entwickelten Spezial-Einmot, die sowohl bemannt, als auch ferngesteuert geflogen werden konnte. Die Einmot verfügte über besonders große Tanks und einen großen Generator, der für die benötigte Energie der Sensoren an Bord sorgte. Die Aufgabe des Flugzeugs, von dem 22 Exemplare gebaut wurden, bestand darin, Sensoren über dem Ho-Chi-Minh-Pfad, der Hauptnachschublinie des Vietcong, abzuwerfen und deren Signale aufzufangen.
Die X-24A Lifting Body testete das aerodynamische Konzept des Space Shuttle. © V. K. Thomalla
Der Museumsbereich Forschung und Entwicklung ist eine Schatzkiste für alle, die sich für X-Flugzeuge interessieren. Die Ausstellung wird klar von der XB-70 Valkyrie dominiert, dem größten und schnellsten Bomber aller Zeiten. Nach hohen Kostenüberschreitungen und dem Absturz einer Prototyps während eines Fotoflugs wurde das Projekt jedoch eingestellt. Weitere sehenswerte Fluggeräte in diesem Ausstellungsbereicht sind der Deltaflügler XF-92A, die Douglas X-3 Stiletto, die Bell XP-59, die Bell X-15, die Stealth-Versuchsflugzeuge Boeing Bird of Prey und Lockheed Tacit Blue. Besonders beliebt und häufig nachgefragt ist die kanadische fliegende Untertasse Avro Canada VZ-9AV Avrocar aus den fünfziger Jahren.
Um nicht von der Vielfalt der Fluggeräte erschlagen zu werden, lohnt es sich, bei der Planung eines Besuchs des US Air Force Museums, zwei Tage einzuplanen. Das Museum hat in der Regel sieben Tage die Woche auf, der Eintritt ist kostenlos. Allerdings gibt es jährlich einen Tag, an dem Sicherheitsunterweisungen und Trainings durchgeführt werden. An diesen Tagen ist das Museum geschlossen. Fotos sind in den Ausstellungsbereichen der frühen Jahre und des Zweiten Weltkriegs sowie bei einigen Sonderausstellungen schwieirig, da diese Hallen sehr dunkel sind. Aber wenn man das vorher weiß, kann man ja das Fotografieren bei herausfordernden Lichtverhältnissen trainieren.
Volker K. Thomalla
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